#18: Wozu brauchen wir einen Personalrat?

Die Uni Magdeburg mit knapp 3.000 Beschäftigten ist einer der größten Arbeitgeber der Stadt Magdeburg. Um als Beschäftigte in so einer großen Einrichtung mitreden, mitbestimmen und mitgestalten zu können, hilft der Personalrat. Er ist bei vielen wichtigen Entscheidungen gefordert und vertritt die Interessen der Beschäftigten gegenüber der Universitätsleitung. Die Vorsitzende des Personalrates der Uni Magdeburg Dr. Ursula Föllner spricht gemeinsam mit Personalratsmitglied Dr. Andreas Drust in der neuen Ausgabe von „In die Uni reingehört“ über ihre Arbeit als Personalrat, was dieser darf und was nicht, wo es aktuell unter Umständen hakt, wieso ein Personalrat auch mal unbequem sein darf und womit man sich überhaupt an den Personalrat wenden kann.

Heute zu Gast

Dr. Ursula Föllner ist seit mehr als 25 Jahren Personalrätin an der Universität Magdeburg und momentan die Vorstandvorsitzende des 13-köpfigen Gremiums. Die Sprachwissenschaftlerin ist in der Arbeitsstelle Niederdeutsch an der Fakultät für Humanwissenschaften tätig. Dr. Andreas Drust ist Anästhesist an der Universitätsmedizin Magdeburg und engagiert sich seit 2015 im Personalrat.

 

 

Der Podcast zum Nachlesen

*Aus technischen Gründen konnte eine Frage nicht vollständig aufgezeichnet werden. Diese finden Sie in schriftlicher Form hier.


Introstimme:
 In die Uni reingehört. Der Podcast zur Arbeitswelt an der OVGU!

 

Friederike Süssig-Jeschor: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge in die Uni reingehört. Personalräte sind bei vielen wichtigen Entscheidungen gefordert. Sie vertreten die Interessen der Beschäftigten gegenüber der Universitätsleitung und haben das Recht zur Mitbestimmung. Was ein Personalrat darf und was nicht, wo es aktuell unter Umständen hakt. Wieso ein Personalrat auch mal unbequem sein darf und womit man sich überhaupt an den Personalrat wenden kann, darüber wollen wir heute reden. Ich bin Friederike Süssig-Jeschor, Pressesprecherin der Medizinischen Fakultät der Uni Magdeburg und begrüße ganz herzlich meine heutigen Gäste. Das ist zum einen Dr. Ursula Föllner. Sie ist Vorsitzende des Personalrats der Uni Magdeburg und an ihrer Seite sitzt Dr. Andreas Drust von der Fakultät für Medizin. Er ist stellvertretendes Vorstandsmitglied im Personalrat. Herzlich willkommen!


Dr. Andreas Drust: Guten Morgen!


Friederike Süssig-Jeschor: Ich darf Ihnen zum Einstieg verraten, dass ich selbst mal als Betriebsrätin bei einem anderen Arbeitgeber tätig war. Damals handelte es sich um den ersten Betriebsrat für das Unternehmen. Und überhaupt muss ich Ihnen ehrlich sagen, meine Motivation, mich dort zu engagieren, war tatsächlich der Einsatz für das Kollektiv zum Wohle aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Frau Dr. Föllner, Sie sind bereits mehr als 25 Jahre lang Personalrätin an der Universität Magdeburg. Was motiviert Sie, sich nach wie vor zu engagieren?

Dr. Ursula Föllner: Ja, im Wesentlichen ist es die Vertretung der berechtigten Interessen der vielen Beschäftigten innerhalb der Universität im Sinne der Einzelnen, aber eben auch zum Gedeihen der Universität als Ganzes. Da identifiziere ich mich auch als geborene Magdeburgerin natürlich besonders mit unserer Universität, mit meiner Universität. Aber eine solche Institution kann nur funktionieren, wenn trotz aller Hierarchien und aller fachlichen Unterschiedlichkeiten ein faires und kollegiales Miteinander existiert. Und dazu möchte ich auch meinen vielleicht kleinen, aber immerhin einen Anteil leisten.

Friederike Süssig-Jeschor: Herr Dr. Drust, als Mitglied der Medizinischen Fakultät bringen Sie seit 2015 nochmal eine ganz andere Perspektive für die Arbeit im Personalrat mit. Gerade jetzt, wo auch im Gesundheitssektor einmal mehr Krisenstimmung herrscht. Wie können und konnten Sie als Personalrat mit Ihrer Arbeit in der Krise unterstützen?

Dr. Andreas Drust: Also die letzten zwei oder sogar zweieinhalb Jahre standen ja unter dem Eindruck der Corona-Pandemie. Das hat sich jetzt tatsächlich ein bisschen aufgelöst, das muss man schon sagen. Aber in der Anfangszeit hatten wir unsere Probleme. Zum einen natürlich mit einer sehr aufwendigen Patientenversorgung - nicht nur unbedingt an den Corona-Patienten selbst, also im Intensiv-Bereich oder auf den Normal-Stationen - sondern das hat sich natürlich auch ausgedehnt auf alle Bereiche. Denn man braucht bei der Behandlung von Corona-Patienten einen höheren Personalschlüssel. Das ist einfach Prinzip bedingt. Das Personal muss irgendwo herkommen und das hat natürlich überall so Schneisen geschlagen mit Problemen kleinster bis größerer Art, die den Vorgesetzten nicht unbedingt immer gegenwärtig waren. Ja, das waren eben so kleine Probleme wie Schutzausrüstungen, Überarbeitung, Burn-out und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich in der Anfangszeit eben nicht getraut darüber zu sprechen, zumindest mit Vorgesetzten. Da war dann immer der Personalrat Ansprechpartner. Hier gibt es ein Problem, das funktioniert nicht so richtig. Es gab seinerzeit schon eine eigene Corona-Taskforce, allerdings ohne Beteiligung der Personalräte. Das war natürlich schade und das führte in der zweiten Corona-Welle dazu, dass viele Kolleginnen und Kollegen, die vorm Burn-out, stnden, sagten: Das geht so nicht weiter, wir können nicht mehr. Und wir haben seinerzeit eine Gefährdungsanzeige geschrieben, die wir auch Uni-öffentlich gemacht haben. Und die hat doch eingeschlagen wie eine Bombe, das kann man sicherlich sagen. Es gab dann eine große Gesprächsrunde. Seitdem werden wir überall eingeladen, auch über dieses eigentliche Corona-Thema hinaus. Und man muss sagen, dass das insgesamt der vertrauensvollen Zusammenarbeit, nicht nur mit der Medizinischen Fakultät, sondern auch mit der Uniklinik - das sind ja zwei getrennte Arbeitgeber - doch noch mal einen ordentlichen Aufschub gegeben hat. Und da muss ich sagen, da haben wir schon eine ganz große Arbeit geleistet.

Friederike Süssig-Jeschor: Sie haben es eben schon erwähnt und auch schon einen Fachbegriff reingeschmissen, die Gefährdungsanzeige. Und auch ich habe es schon angedeutet, die Aufgaben des Personalrats sind vielschichtig und die Herausforderungen sind komplex. Können Sie einmal einen kleinen Einblick geben, welche Aufgaben Sie haben und was Sie dürfen und was nicht.

Dr. Andreas Drust: Weil Sie gerade von der Gefährdungsanzeige sprechen. Das ist eine Sache, die originär keine Personalratstätigkeit wäre. Das ist eigentlich eine Pflicht des Arbeitnehmers, die sich aus dem Arbeitsschutzgesetz ableiten lässt. Aber Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich jetzt nicht trauen ihrem Vorgesetzten ein Problem anzuzeigen, können das auch über den Personalrat machen und wir gehen dann praktisch sozusagen als Vertretung dann an den Arbeitgeber heran. Aber darum geht es eigentlich nicht. Was machen wir und was ist unsere Grundlage? Es gibt ein Personalvertretungsgesetz, das die Grundlage unseres Handelns ist. Das wissen auch viele nicht, dass also ganz klar und dezidiert festgelegt ist, was wir machen, was unsere Aufgaben sind und auch, für wen wir überhaupt zuständig sind. Es ist also nicht so, dass wir tatsächlich alle Beschäftigten vertreten aus dem Personalvertretungsgesetz. Da gibt es im Prinzip ja mehrere Grundlagen, die man rechtlich ableiten kann. Also wir haben ein umfangreiches Initiativrecht, können also selber Dinge anstoßen, um Probleme zu lösen. Wir haben ein umfangreiches Informationsrecht, dass wir uns letzten Endes in Form von Gesprächen mit der Dienststelle einfordern. Es gibt ein Anhörungsrecht, ein Mitwirkungsrecht und das wichtigste wahrscheinlich das Mitbestimmungsrecht, bei dem ganz klare Tatbestände definiert werden, die ohne Mitbestimmung durch die Personalräte gar nicht umgesetzt werden dürfen. Darüber hinaus regelt das Gesetz aber auch Forderung und Förderung von besonders Schutzbedürftigen, von ausländischen Kolleginnen und Kollegen, von Jugend-Arbeitnehmern, von der Förderung von Gleichstellung, Diskriminierungsverbot, Arbeitsschutz, Abschluss von Dienstvereinbarungen. Das sind also alles Dinge, die in diesem Gesetz geregeltsind und die wir dann entsprechend auch umsetzen müssen und das auch tun.

Friederike Süssig-Jeschor: Sie haben es gesagt, es ist eindeutig geregelt. Würden Sie sich in gewissen Bereichen manchmal mehr Spielraum wünschen?

Dr. Ursula Föllner: Das würden wir gerne. Also wir haben da schon einige Bereiche, mit denen wir nicht so recht zufrieden sein können. Das betrifft zum Beispiel Beschäftigte im nicht wissenschaftlichen Bereich, wo wir uns wünschen, dass die eine höhere Möglichkeit bekommen im Sinne der Personalentwicklung. Also zum Beispiel, dass sie verantwortungsvollere Aufgaben übertragen bekommen oder dass sie dann dadurch natürlich auch in höhere Entgeltgruppe aufsteigen können, dass man auch auf diesem Wege eine Personalförderung betreibt, die diese Menschen dazu befähigt, auch innerhalb der Uni Karriere zu machen. Wir haben ja durchaus als Arbeitgeber Universität Konkurrenz und müssen zusehen, dass wir gute Leute hier bei uns an der Universität halten. Und wenn man diese Entwicklungsmöglichkeiten nicht bietet, dann wird das schwierig. Also auf jeden Fall wäre es schön, wenn auf diesem Wege noch sicherlich im Einvernehmen mit der Dienststelle das eine oder andere bewegt werden könnte.

Friederike Süssig-Jeschor: Lassen Sie mich nochmal auf die Gegebenheiten der Corona-Pandemie zurückkommen. Seit Beginn der Pandemie ist die Arbeit im Homeoffice ein wichtiges Mittel, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Corona hat damit auch eine neue Arbeitsrealität geschaffen. Wurden durch die Pandemie längst überfällige Impulse gesetzt?

Dr. Ursula Föllner: Dazu vielleicht für die Hauptdienststelle erstmal ein Satz: Schon vor der Pandemie hatten wir quasi eine Dienstvereinbarung auf den Weg gebracht und die wurde dann auch pünktlich fertig und auf die konnten wir dann auch zurückgreifen. Also insofern waren wir da ein wenig der Zeit voraus, aber es war einfach auch an der Zeit, so etwas zu machen.

Dr. Andreas Drust: Das ist sicherlich eine moderne Form der Arbeit. An der Medizinischen Fakultät ist die Sichtweise vielleicht ein bisschen differenzierter, weil wir da natürlich Berufsgruppen haben, die Prinzip bedingt gar keine mobile Arbeit oder gar kein Homeoffice machen können. Wie soll denn der Pfleger auf Station Homeoffice machen? Oder wie soll denn die Chirurgin im OP-Saal Homeoffice machen? Das ist natürlich klar, das funktioniert nicht. Also wir gehen zu 100 Prozent mit, dass es eine solche Dienstvereinbarung gibt und dass wir die auch entsprechend umsetzen und freuen uns auch für jeden Arbeitnehmer, für jede Arbeitnehmerin, die davon Gebrauch machen kann. Wohlwissend, dass es gerade in meinem Bereich Prinzip bedingt Beschäftigte gibt, für die das niemals zutreffen wird. Da gibt es dann auch schon mal Neid-Diskussionen. Das muss man in der Tat sagen. Und da ist dann manchmal auch viel Überzeugungsarbeit vor Ort zu leisten, um den Beschäftigten klar zu machen, dass es einfach mal Prinzip bedingt nicht anders geht. Es ist ja nicht nur eine Frage der Arbeitszeit in Form von Homeoffice oder mobilen Arbeiten, sondern wir müssen ja auch Bereitschaftsdienst, Ruf-Dienste, Schichten abdecken. Das ist einfach in unserem Job nicht anders möglich und damit müssen dann auch die Beschäftigten lernen, ein stückweit zu leben.

Friederike Süssig-Jeschor: Dennoch haben Sie auch als Personalrat die Möglichkeit, bei diesem Thema Arbeitszeit, Einfluss zu nehmen. Welche Möglichkeiten haben Sie denn?

Dr. Ursula Föllner: Also wir sind gerade dabei mit der Dienststelle gemeinsam eine Überarbeitung der elektronischen Zeiterfassung auf den Weg zu bringen. Das braucht ein bisschen Zeit, weil es ja auf der einen Seite technische Voraussetzungen sein müssen, die da sein müssen, auf der anderen Seite dann auch die Durchführung geklärt sein muss. Da gibt es eine kleine Arbeitsgruppe, die sich zum Beispiel auch Erfahrungen reingeholt hat, aus der Fachhochschule Magdeburg-Stendal. Man kann ja von anderen auch lernen, aber wir sind da auf einem guten Weg. Es wird aber noch ein bisschen dauern. Und in der Medizin ist das, glaube ich, ähnlich.

Dr. Andreas Drust: Genau. Man kann vielleicht noch sagen, dass Arbeitszeit per se, also Beginn und Ende, tatsächlich auch einer von diesen mitbestimmungspflichtigen Tatbeständen ist. Also da müssen wir ganz klar mitentscheiden. Das kann also kein Arbeitgeber sagen: „Wir beginnen hier und enden an dieser Zeit.“ Das ist tatsächlich nicht so, da geht nichts an uns vorbei. Das ist auch gut so! Und in der Medizinischen Fakultät ist es, wie Frau Föllner ja für die Hauptdienstelle auch schon mitgeteilt hat, ähnlich, dass wir auch in einer Kommission sind, die daran arbeitet eine elektronische Zeiterfassung umzusetzen. Es gibt ja ein wegweisendes Urteil vom Europäischen Gerichtshof von 2019, dass eine Arbeitszeit minutengenau zu erfassen ist. Und das muss nicht unbedingt elektronisch sein. Für Ärzte ist das zum Beispiel auch im Tarifvertrag ganz klar geregelt. Also es muss eine ganz eindeutige Zeiterfassung sein. Das muss, wie gesagt, nicht unbedingt digital erfassen. Es wäre natürlich anzustreben und da sind wir dran. Aber da sind natürlich einige Hürden, die zumeist dort sind. Das ist zum einen natürlich die technische Frage: Wie machen wir das? An welchem Punkt loggt man sich denn jetzt wie in seinen Arbeitszeitkonto ein? Macht man das, wenn man den Campus betritt oder an seinem Arbeitsplatz? Macht man das über eine Handy-App oder über eine Stechuhr? Das sind alles Fragen, die noch geklärt werden müssen. Das ist die eine Seite und dann die andere natürlich. Es gibt Berufsgruppen, für die das vielleicht nicht gilt. Stichwort Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die natürlich eine wissenschaftliche Freizügigkeit eigentlich gewährt bekommen müssten. Gilt für die jetzt so eine Arbeitszeiterfassung überhaupt? Das ist noch gar nicht geklärt. Und genau dafür sind solche Arbeiten in diesen Gremien so wichtig.

Friederike Süssig-Jeschor: Arbeitszeit ist ja aber nur ein Aspekt. Ich habe in meiner Zeit als Betriebsrätin erlebt, dass in Bezug auf die Arbeit als Betriebs- oder Personalrat viel Unkenntnis herrscht und viele gar nicht wissen, womit können Sie sich denn an eine Personalvertretung wenden? Können Sie uns noch weitere konkrete Beispiele nennen?

Dr. Andreas Drust: Also das häufigste Problem oder Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, sind sicherlich Konflikte. Also das Konfliktmanagement nimmt einen großen Rahmen unserer Zeit in Anspruch. Frau Föllner und ich gehören ja beide auch zu den Konfliktbeauftragten des Personalrats. Und da gibt es sowohl auf gleichen Stufen in Hierarchien, als auch in unterschiedlichen Stufen zahlreiche Probleme, die man lösen kann. Manches kann man auch nicht lösen, aber das ist etwas, womit wir ganz oft konsultiert werden. Dann können das auch ganz profane Sachen sein, wie Einstufungen, dass jemand sagt oder der Meinung ist, er wird nicht korrekt bezahlt. Das kommt auch gelegentlich vor. Dann natürlich die Frage nach beruflichen Perspektiven, Fragen zu Kündigungsfristen, Aufhebungsverträgen. Ja, es ist ja manchmal so, dass man den Arbeitgeber verlässt, weil man sich politisch - pardon, weil man sich arbeitstechnisch neu orientieren möchte, weil man seinen Lebensmittelpunkt geographisch woanders hin verlegt. Und dann verlässt man auch mal einen Arbeitgeber einvernehmlich, da muss gar kein Konflikt vorgelegen haben. Aber dann ist die Frage: „Ich habe jetzt noch ein halbes Jahr Kündigungsfrist, komme ich eher aus dem Vertrag heraus, was kann ich machen?“ Also da haben wir mehr beratende Tätigkeiten. Dann gibt es öfter mal auch Gesundheitsanfragen. Da hat jemand ein Gebrechen und möchte vielleicht seinen Arbeitsplatz ein bisschen gesundheitskonformer gestaltet bekommen. Da sind natürlich auch die Personaler mit im Boot. Mit Mutterschutzfragen, Fragen zum Urlaubsanspruch, Fragen, gerade in meinem Bereich, zum Direktionsrecht: „Mein Chef möchte mich in einen anderen Bereich versetzen. Darf der das? Was sind die Grundlagen?“ Das sind Dinge, die uns dann erreichen und die wir dann natürlich klären müssen, vorrangig mit der Dienststelle oder eben auch mit den Vorgesetzten.

Friederike Süssig-Jeschor: Um all diese Fragen klären zu können, müssen Sie ja scheinbar auch juristische Kenntnisse mitbringen. Wie gelangen Sie denn zu den Antworten?

Dr. Ursula Föllner: Also das Gute ist ja, dass der Personalrat nicht aus einer einzelnen Person besteht, sondern wir haben ja 13 Mitglieder. Und jedes Mitglied bringt natürlich schon mal eigene Erfahrungen mit, Kenntnisse aus dem eigenen Fachbereich, aber eben auch Kenntnisse, die jedes Mitglied sich so im Laufe der Personalratszugehörigkeit angeeignet hat. Und das sind vor allen Dingen zum Beispiel Kenntnisse, die durch Fortbildungen erworben worden sind. Da haben wir ja als Personalrat auch das Recht, unsere Mitglieder zu Fortbildungen zu schicken und die Dienststelle macht das auch, bezahlt das auch. Also das ist ein ganz wichtiger Faktor, aber es ist natürlich auch so, dass man sich erstens mal im Laufe der Mitgliedschaft in diesem Gremium bestimmte Kenntnisse aneignet. Die Jüngeren lernen von den Älteren - bezogen auf die Jahre der Mitgliedschaft. Aber wir haben auch Fachzeitschriften, in denen man schmökern kann und sich konkrete Fälle heraussuchen kann. Juristische Tatbestände werden da beschrieben, auf die man sich dann beziehen kann. Aber ein ganz wichtiger Faktor sind auch die Gewerkschaften. Also wir haben, wenn wir beide jetzt hier sitzen - Herr Drust ist Mitglied im Marburger Bund, ich bin Mitglied bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft - und da kann man auch darauf zurückgreifen. Diese Gewerkschaften die haben Juristen, auch sie bilden uns fort. Wir können auch dort hingehen und Fragen stellen, werden da unterstützt. Und insofern ist das also nicht nur der Einzelne oder die Einzelne, die da die Kenntnisse nachweisen muss und dann nutzen muss, sondern es ist wirklich so eine Art kollektives Wissen, auf das man da zurückgreifen kann. Und ich glaube, das ist auch erforderlich.

Friederike Süssig-Jeschor: Herr Dr. Drust, Sie haben es erwähnt: Sie haben mit ganz unterschiedlichen Gruppen hier auf unserem Campus der Medizinischen Fakultät und auch auf dem Hauptcampus zu tun. Können denn alle Beschäftigten, also auch Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter auf die Personalräte zukommen?

Dr. Andreas Drust: Also prinzipiell kann natürlich jeder zu uns kommen, der mit uns reden möchte, denn wir reden mit allen. Das ist ein Grundprinzip im Personalrat. Kommunikation ist das A und O, aber man muss einschränkend sagen, dass wir nicht für jeden zuständig sind. Das Personalvertretungsgesetz definiert - ich hatte das ja eingangs schon gesagt - tatsächlich auch ganz genau, für welche Beschäftigten wir zuständig sind und welche Beschäftigten überhaupt eine Personalrat- oder eine Personalvertretung haben. Also zum Beispiel haben berufene Professoren keine solche Vertretung oder für die sind wir per se nicht zuständig. Also für die gilt das ganze Personalvertretungsgesetz gar nicht. Dann gibt es allerdings auch einige Personengruppen, für die das Personalvertretungsgesetz prinzipiell erst einmal gilt, aber für die bestimmte Tatbestände nicht gelten. Also zum Beispiel Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, Angelegenheiten der Arbeitnehmer gilt dann nicht für Beschäftigte in einer leitenden Position mit Personalverantwortung. Also das muss man dann ganz genau differenzieren. Trotzdem bleiben wir dabei: Wer mit uns sprechen möchte, mit denen reden wir auch. Und das muss ja auch - in der Demokratie üblich - die Grundlage allen Handelns sein.

Friederike Süssig-Jeschor: Ein Personalrat muss bei Einstellungen und Kündigungen zwingend involviert werden. Gibt es weitere, ganz wichtige Anliegen?

Dr. Ursula Föllner: Ja, also es gibt ja im Personalvertretungsgesetz den Paragraphen 67, wo genau aufgezählt ist, bei welchen Tatbeständen diese Mitbestimmung einsetzt. Dazu gehört zum Beispiel auch die Eingruppierung, Herabgruppierung beispielsweise. Oder wenn der Arbeitgeber ablehnt, dass jemand eine Nebentätigkeit ausübt oder dass man Teilzeit arbeiten möchte. Dann sind wir mit im Boot, sozusagen. Allerdings gibt es auch noch einen Bereich, wo wir angehört werden müssen und das ist etwas, was auch durchaus eine große Relevanz hat. Das sind nämlich disziplinar-rechtliche Maßnahmen des Arbeitgebers, so wie Kündigung oder zum Beispiel auch Abmahnung. Und im Anhörungsprozess in der Auseinandersetzung ergeben sich da dann doch mitunter noch neue Tatbestände. Und ich muss ja hier keinen Namen nennen. Aber es ist durchaus schon so gewesen, dass es durch die Anhörung im Personalrat eben dann nicht zu einer Abmahnung gekommen ist oder dass Kündigungen dann vielleicht doch noch mal in einer anderen Form, also zum Beispiel als Abmahnung, dann aufgetreten sind. Also es ist ein sehr verantwortungsvolles Prozedere, was wir da in unseren Sitzungen zu absolvieren haben.

Friederike Süssig-Jeschor: Ja, und um all diese Themen zu bearbeiten, bilden Personalräte sich ihre Meinung ja, durch Beschlüsse und können zum Beispiel durch den Abschluss von Dienstvereinbarungen Recht setzen. Sie haben es erwähnt 13 Mitglieder, das sind einige. Jeder kommt aus einem unterschiedlichen Bereich. Wie finden Sie da einen gemeinsamen Nenner?

Dr. Ursula Föllner: Das ist manchmal nicht ganz so einfach, weil 13 Personen natürlich auch 13 verschiedene Köpfe haben und auch im Zweifelsfalle 13 unterschiedliche Meinungen haben können. Aber es ist auch ein gemeinsamer Erfahrungsschatz oder Kenntnisschatz, der uns damit zur Verfügung steht. Damit bringen die Mitglieder auch ihre Kenntnisse, ihre Erfahrungen aus den einzelnen Fachbereichen ein und haben auch sozusagen das Ohr an der Masse, wenn man das mal so ein bisschen simpel sagen möchte. Das ist ein demokratischer Prozess, der da abläuft innerhalb des Gremiums. Also es wird diskutiert, es werden die Fakten vorgestellt und dann gibt es Mehrheiten für die eine oder für die andere Maßnahme. Und ich kann durchaus aus dem Gremium plaudern, dass die meisten Abstimmungen dann wirklich auch zu 100 Prozent einheitlich sind. Aber es gibt durchaus auch, dass sich jemand enthält oder dass es auch mal Gegenstimmen gibt zu irgendeiner Entscheidung. Aber diese Entscheidung, die wird dann auch vom Gremium gemeinsam getragen. Und nach außen hin wird das dann als die Meinung, als die Entscheidung des Gremiums vertreten. Also da wird dann nicht nachgetreten und in irgendeiner Weise Insiderwissen da ausgeplaudert, sondern es ist eine einheitliche Meinung, die dann entstanden ist auf demokratischem Wege.

Friederike Süssig-Jeschor: Sie bewegen sich ja als Personalrat immer in einem gewissen Spannungsfeld und sollten immer einen kühlen Kopf bewahren und mit viel Verhandlungsgeschick, Einfühlungsvermögen und Wissen über Ihre Pflichten und Rechte den Arbeitsalltag mitgestalten. Frau Dr. Föllner, Sie können hier mittlerweile mit sehr viel Erfahrung punkten. Was ist aus Ihrer Sicht das Schwierigste an der Aufgabe?

Dr. Ursula Föllner: Mitunter ist es eine gewisse professionelle Distanz, die man da aufbringen muss. Also mir persönlich geht es manchmal oder fällt das manchmal gerade dann schwer, wenn es um die Verlängerung von befristeten Arbeitsverträgen geht, die aufgrund der Gesetzeslage einfach nicht möglich ist. Und das kann dann durchaus auch zu sozialen Härten führen. Aber wir als Personalrat haben da keine Chance, etwas dagegen zu tun, weil zum Beispiel das Wissenschaftszeitvertragsgesetz solche Regelungen getroffen hat. Da muss man dann auf der gewerkschaftlichen Ebene tätig werden oder auf anderen Wegen. Aber das können wir als Personalrat nicht in diesem Gremium tun, denn da haben wir die Gesetzeslage zu beachten. Also das ist manchmal nicht so ganz einfach. Genauso ist es manchmal schwierig, Entscheidungen des Rektorats oder mir fällt es auch häufig schwer, Entscheidungen der Ministerien zu akzeptieren und dann eben in unsere Entscheidungsprozesse entsprechend einzubauen, wenn wir fest der Überzeugung sind, also diese Entscheidung ist eigentlich nicht zielführend und nicht zum Nutzen der Universität. Ein Beispiel war die Lehramtsausbildung, die an der Otto-von-Guericke-Universität weitestgehend, nicht gänzlich, aber weitestgehend geschlossen wurde, wo wir als damals Hauptpersonalräte massivst dagegen protestiert haben beim Ministerium. Das Ganze wurde umgesetzt und dann hat man als Personalrat die Konsequenzen zu tragen. Also wenn dann Arbeitsverträge nicht verlängert werden, wenn dann irgendwelche Arbeitsgruppen nicht mehr weitergeführt werden, wenn Institute aufgelöst werden, dann müssen wir das umsetzen, obwohl wir gänzlich anderer Meinung wären.

Friederike Süssig-Jeschor: Ja, die Uni Magdeburg mit knapp 3000 Beschäftigten ist einer der größten Arbeitgeber der Stadt Magdeburg. Welche besonderen Herausforderungen sind damit verbunden, gerade für Sie als Personalräte?

Dr. Andreas Drust: Frau Föllner hat das eingangs schon erwähnt, wir sind ja einem doch großen Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Jeder hat es in den Medien verfolgt, Intel kommt nach Magdeburg. Das ist sicherlich zu begrüßen, keine Frage. Aber das führt natürlich dazu, dass dann Fachkräfte dort auch gesucht werden, die wir nicht nur ausbilden, sondern die wir natürlich auch beschäftigen. Und natürlich können Firmen - es ist ja nicht nur Intel, es ist hier die Telekom, es ist die SWM - wir haben hier ganz viele andere Arbeitgeberinnen, Arbeitgeber, die unter Umständen ganz andere Dinge zahlen können, ganz andere Gehälter bieten können. Und da sind wir manchmal durch unsere Tarife eingeschränkt. Gerade im IT-Sektor ist sicherlich ein hoher Konkurrenzdruck da. Ja, wir haben Maschinenbauer, wir haben Hausmeister, wir haben Elektrotechniker, also auch ganz normale Berufe, ohne die eine Universität gar nicht funktionieren würde. Die drohen natürlich abgeworben zu werden. Und dann muss man sicherlich auch politisch fordern, dass hier - Frau Föllner hat es ja gerade gesagt, da sind uns ja ein bisschen die Daumenschrauben angelegt - Änderung erwirken kann, dass wir da wettbewerbsfähig bleiben. Also das wird sicherlich das wichtigste Thema sein, aber da haben wir eben keinen unmittelbaren Einfluss. Trotzdem kämpfen wir natürlich dafür.

Friederike Süssig-Jeschor: Liebe Zuhörer, ich entschuldige mich schon mal vorab für die technokratische Formulierung. Aber laut Gesetz sollte die Arbeit einer Personalvertretung mit der Leitungsebene immer eng und gemeinsam zum Wohle der Beschäftigten, zur Erfüllung der dienstlichen Aufgaben, auf Augenhöhe und mit einem ernsten Willen zur Einigung erfolgen. Soweit die Theorie! Was sagt Ihre Praxiserfahrungen? Gibt es Fälle, die sich schlichtweg nicht lösen lassen? Und falls ja, wie kommen Personalrat und Unileitung trotzdem zusammen?

Dr. Andreas Drust: Wir sind prinzipiell nach dem Personalvertretungsgesetz zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Dienststelle verpflichtet. Das gilt aber nicht nur für uns, sondern tatsächlich auch für die andere Seite. Es ist da im Gesetz von einer sogenannten Friedenspflicht die Rede. Man muss für den Standort Magdeburg schon sagen, dass wir hier an der Uni in einer privilegierten Situation sind, wo die Zusammenarbeit in der Regel wirklich sehr gut funktioniert. Es ist uns klar, dass das nicht überall so gehandhabt wird. Wir sind ja als Personalratler und Gewerkschaftsmitglieder natürlich sehr gut vernetzt und immer im engen Austausch mit Personalräten anderer Universitäten. Da staunt man manchmal, wie Probleme anderorts geregelt werden. Es ist also keinesfalls selbstverständlich, dass auch einfache Regeln überall befolgt werden. Natürlich gibt es Möglichkeiten, sich im Streitfall an andere Instanzen zu wenden. Es gibt da im Gesetz geregelte Stufenverfahren mit Einigungsstellen. Der Hauptpersonalrat gehört z.B. dazu. Im Extremfall kann auch schonmal der Gang vors Verwaltungsgereicht notwendig sein, bis hin zu einstweiligen Verfügungen, wenn dringende Angelegenheiten keinen Aufschub zulassen. Gott sei Dank mussten wir hier an der OVGU in der jüngeren Vergangenheit davon nie Gebrauch machen. Sowohl an der Hauptdienststelle als auch an der medizinischen Fakultät pflegen wir einen wirklich sehr guten Umgang mit den Dienststellenleitungen und umgekehrt.

Friederike Süssig-Jeschor: Mal zur praktischen Arbeit: wie müssen wir uns Ihre Zusammenarbeit mit der Unileitung ganz praktisch vorstellen? Wie oft treffen Sie sich, wie findet da der Austausch statt?

Dr. Ursula Föllner: Ja, also zum Teil ist das durch das Personalvertretungsgesetz selbst auch geregelt. Aber im Prinzip ist es so, dass sowohl die Dienststelle als auch wir als Personalrat großen Wert auf die Kommunikation miteinander legen. Und so werden mindestens jedes Halbjahr Gespräche mit dem Rektor durchgeführt – Dienststellengespräche. Aber darüber hinaus gibt es also wöchentlich Gespräche mit den Personaldezernaten, eines in dem Medizinbereich und eines hier auf dem Hauptcampus. Es gibt außerdem etwa so alle sechs Wochen Gespräche mit dem Kanzler. Im medizinischen Bereich gibt es auch in größeren Abständen Gespräche mit der Dekanin der Fakultät. Und was eigentlich aus meiner Sicht besonders wichtig ist, das ist, dass wir jederzeit miteinander ins Gespräch kommen können. Es sei denn, also beispielsweise man greift zum Telefon und versucht auf kurzem Wege, mit dem Rektor etwas abzusprechen oder mit einem Dekanat möglicherweise. Oder umgekehrt ist es auch so, dass wir auch kontaktiert werden, wenn das als erforderlich gesehen wird, um einfach Missverständnisse oder kurzfristig auftretende Probleme dann auch möglichst schnell in den Griff zu bekommen. Außerdem ist es ja so, dass wir bei zahlreichen Vorstellungsgesprächen mit am Tisch sitzen und da sind ja dann auch Vertreter oder Vertreterinnen der Dienststelle mit dabei oder Vorgesetzte. Und auch zu diesen Gelegenheiten tauscht man sich aus. Also ich denke, das ist ein besonders wichtiges Verfahren und ein hohes Gut, diese Kommunikation, diese gewisse Offenheit auch, mit der wir versuchen, Probleme auf kurzem Wege zu lösen.

Friederike Süssig-Jeschor: Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass vor allem in der Anfangsphase der Arbeit als Betriebsrätin, das enorm viel Arbeitszeit gefressen hat und ich auch in der Freizeit ganz oft über viele, viele Angelegenheiten noch gegrübelt habe. Vieles findet ja auch hinter verschlossenen Türen statt. Sie haben es erwähnt. Was machen Sie eigentlich an der Uni und machen Sie Ihre Arbeit on top oder steht Ihnen dafür eine bestimmte Zeit zur Verfügung? Reicht Ihnen die aus?

Dr. Ursula Föllner: Vielleicht fange ich an? Also ich bin zu 75 Prozent freigestellt. Als Vorsitzende des Personalrats lässt sich das eigentlich auch nicht ganz anders machen, aber mir ist es sehr wichtig, trotzdem noch in meinem Bereich in der Germanistik tätig zu sein. Und das sind dann auf dem Papier 25 Prozent. De facto würde ich sagen, ist es schon ein bisschen mehr. Aber ich hatte vorhin schon oder in dem Zusammenhang erwähnt, dass dieser Kontakt zu dem eigentlichen Arbeitsgebiet wichtig ist, einfach um mit den Kollegen im Gespräch zu bleiben. Bei mir ist es also die Arbeitsstelle Niederdeutsch, die da sehr viel Zeit und Raum einnimmt oder zum Teil auch noch die Lehre und auch das eine oder andere Forschungsvorhaben, was da noch eine Rolle spielt, was ich für wichtig halte. Natürlich hat man dann manchmal in der Freizeit auch noch die Themen im Kopf, die man während der Arbeitszeit eben nicht gelöst hat. Und so genau auf die Uhr guckt man da natürlich nicht. Ich denke, bei dir ist es ähnlich, Andreas.

Dr. Andreas Drust: Das ist bei mir genauso. Prinzipiell könnten wir auch eine hundertprozentige Freistellung bekommen. In der Vergangenheit hatten wir das auch schon. Wir in unserem jetzigen Gremium möchten das für uns aber nicht. Ich bin ja nun auch als Arzt tätig, habe da eine vierzigprozentige Freistellung, kann also drei Tage in der Woche noch arbeiten. Das ist mir ganz wichtig. Ich bin auch im Dienstgeschäft zu 100 Prozent vertreten und gerade nachts um drei im OP-Saal oder im Schockraum, aa kommen dann die Informationen von den anderen Beschäftigten auf dem kurzen Dienstweg. Ich habe hier ein Problem. Hast du das schon gehört? Dies und jenes. Es ist also nicht unbedingt die Sprechzeit im Personalratsbüro - ich werde auch angerufen, ich bekomme auch mal eine E-Mail - aber es sind genau diese kurzen Dienstwege, die so wichtig sind. Und, dass man eben auch bekannt ist. Ich bin Anästhesist, komme dann in viele Bereiche, wo man eben auch immer als Ansprechpartner wahrgenommen wird. Das ist ganz wichtig.

Friederike Süssig-Jeschor: Die Kommunikation mit den Beschäftigten, Sie haben sie gerade angesprochen. Wie gelingt Ihnen eine gute und kontinuierliche Kommunikation und wieso ist eine effektive Öffentlichkeitsarbeit von Personalräten so wichtig?

Dr. Andreas Drust: Wir haben ja nicht nur unser Büro mit festgelegten Sprechzeiten, wir sind also auch immer telefonisch oder natürlich per E-Mail erreichbar. In meinem Fall ist das so, als Ärzte haben wir immer bei uns ein Pieper-Systeme wo man auch angepiept werden kann. Also die Nummer ist auch bekannt. Also ich werde auch regelmäßig während der Arbeitszeit angepiept. Das sind, ich hatte es ja gerade erwähnt, diese kurzen Dienstwege, aber wir haben natürlich auch unsere offiziellen Kanäle. Das sind einmal im Monat die Personalrats-Infos, die wir ja an unsere Mitgliederinnen und Mitglieder verschicken und dann natürlich auch Personalversammlungen. Die sind ja vom Personalrat vorgeschrieben. Und damit auch einhergehend natürlich auch Tätigkeitsberichte, in denen wir klar auch schriftlich nochmal festlegen und auch Rechenschaft ablegen, was wir eigentlich machen und warum wir das machen. Und zum Thema Öffentlichkeitsarbeit kann man nur sagen: Genau aus dem Grund sitzen wir ja heute hier und machen das. Das ist ja Öffentlichkeitsarbeit (lacht) und das ist ganz wichtig, um uns auch mal zu präsentieren, weil vielen ja nicht klar ist, was der Personalrat macht.

Friederike Süssig-Jeschor: Um ihre Arbeit vollumfänglich auch ausführen zu können, genießen Sie als Personalrat auch gewisse Schutzrechte und dürfen beispielsweise nicht benachteiligt werden. Können Sie das mal genauer erläutern, was sich dahinter verbirgt? Und wieso glauben Sie, dass diese Schutzrechte für Ihre Arbeit so wichtig sind?

Dr. Ursula Föllner: Ja, also ein wichtiges Schutzrecht ist der Kündigungsschutz, der besteht. Und etwas anderes, etwas naja globaler ausgedrückt, also ein Benachteiligungsverbot. Das sind die zwei wesentlichen Aspekte, die für die Personalratsmitglieder in Frage kommen. Auch schon dann, wenn man sich nur zur Wahl aufgestellt hat. Dann gibt es auch schon für einen gewissen Zeitraum diese Schutzrechte. Ja, also wir haben eben diese relativ pragmatische, zielorientierte und vernünftige Zusammenarbeit mit der Dienststellenleitung beschrieben. Aber so etwas hängt natürlich auch immer von Personen ab. Und es ist natürlich nicht sichergestellt, dass diese Art der Zusammenarbeit ohne Weiteres auch an anderen Dienststellen - wir haben vorhin schon andere Hochschulen erwähnt, wo das manchmal nicht so ist - dass sich das also in aller Zukunft so fortsetzt. Also insofern ist es schon mal ein wichtiger Rückhalt diese Schutzrechte zu haben. Und das Zweite: Ich hatte vorhin schon gesagt, wir sind ja in unseren Fachbereichen auch eingebunden, haben dort auch Vorgesetzte. Es gibt bestimmte Gremien, in denen auch Entscheidungen getroffen werden und so weiter. Und da kann man sich schon mal sehr unbeliebt machen als Personalrat. Dann ist es natürlich wichtig, dass man auch hier den Rückhalt hat und nicht irgendwelchen Repressalien ausgesetzt ist. Ja, also das wäre aus meiner Sicht schon so der wichtigste Grund. Ja, diese Einbindung in die normalen Strukturen der Universität, die bleibt ja erhalten. Und da muss man dann auch Rückgrat zeigen.

Friederike Süssig-Jeschor: Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie da auch das eine oder andere Mal in einen Interessenskonflikt geraten. Wie gehen Sie damit um?

Dr. Ursula Föllner: Solche Interessenskonflikte, die können eigentlich zu großen Teilen nur so dann in diesem fachlichen Bereich auftreten, dass man also zum Beispiel entweder Informationen hat, dass eine Fortbeschäftigung genehmigt ist, dass irgendein Arbeitsvertrag genehmigt ist, aber man ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Man darf das demjenigen gar nicht sagen. Also das wäre so etwas ja. Oder dass man Kenntnis hat aus irgendwelchen vertraulichen Gesprächen, die man aber jetzt nicht anwenden kann und weiter tratschen kann - so etwas tritt zum Beispiel auf. Oder eben Interessenskonflikte, wenn es um die Schließung eines Instituts geht und das andere Institut bleibt. Und fachlich steht man dem einen vielleicht näher als dem anderen. So etwas kann schon auftreten, aber da muss man eben - ich hatte vorhin schon mal von professioneller Distanz gesprochen - die muss dann in dem Falle einsetzen.

Friederike Süssig-Jeschor: Nun kursiert das gern und sehr viel strapazierte Rollenbild von Betriebsräten als Feind des Arbeitgebers, die immer nur Forderungen stellen, dem die Interessen des Arbeitgebers egal sind, der alles verzögert und der am Ende doch nichts bewirken kann. Wie stehen Sie dazu? Müssen Personalräte auch ein Stück weit lästig sein? Und ist etwas dran an dem zahnlosen Tiger?

Dr. Andreas Drust: (lacht) Also sachlich betrachtet würde ich sagen, sind wir schon streitbar, aber immer kommunikativ und natürlich lösungsorientiert. Aber das ist richtig. Ein gewisses Maß an Lästigkeit darf sein, muss auch sein. Das ist doch ganz klar. Wir müssen immer wieder dem Arbeitgeber in Erinnerung führen, dass wir auch noch da sind. Aber wir haben es ja eingangs schon gesagt: Wir haben und hegen eine gute Mitarbeit mit den Dienststellen und auch mit der Unileitung. Insofern müssen wir gar nicht lästig werden, denn wir werden in die entsprechenden Entscheidungsprozesse regelhaft so mit eingebunden, wie sich das gehört. Und das ist ja auch genau das, was man nicht vergessen darf, dass das ganze Konstrukt, das ganze System funktionieren muss. Es nützt ja nichts, auf ein Gesetz zu pochen, wenn man sich alles dann rechtlich einfordern muss, sondern man ist ja immer auch ein Stück weit dem ausgeliefert, was andere Akteure in diesem System leisten oder nicht mehr bereit sind, sich an Regeln zu halten. Und wenn das nicht funktioniert, das ist wie eine Demokratie, wie ein Rechtsstaat, dann funktioniert das ganze System nicht und deshalb muss man immer sagen: wir haben hier - Gott sei Dank - so eine Struktur, bei der das ganz, ganz ordentlich funktioniert, nicht in allen Bereichen, keine Frage. Und wo wir auch überall mit eingebunden werden. Aber letzten Endes können wir unseren Beitrag leisten, das denke ich. Und man darf nie vergessen, zahnlos sind wir ja nicht, denn es gibt ja eine ganz klare rechtliche Grundlage. Und bei eindeutigen Dingen, die jetzt nicht gesetzeskonform laufen, würden wir ja vor Gericht ja auch Recht bekommen. Und das weiß der Arbeitgeber natürlich auch.

Friederike Süssig-Jeschor: Und ein zweites beliebtes Klischee ist ja auch der Kaffeetrinker-Verein, das heißt, sie treffen sich nur, um nett zu plaudern. Ich denke, das haben wir hier heute gut widerlegen können und einen guten Eindruck bekommen, wie viel Arbeit hinter dieser Tätigkeit auch steckt. Ja, hier möchte ich gerne noch mal anknüpfen. Diese Arbeit ist auch mit sehr viel Bürokratie verbunden. Wie sollte es auch anders sein in Deutschland.

Dr. Andreas Drust: (lacht)

Friederike Süssig-Jeschor: Und bis Beschlüsse und Vereinbarungen Wirkung zeigen, benötigt man wirklich auch einen langen Atem. Wie lassen sich da die Motivation und das Engagement ihrer Mitglieder auf einem hohen Niveau halten?

Dr. Ursula Föllner: Ich denke, ein wichtiger Aspekt dabei ist beispielsweise, dass man die Erfolge, die man hat, dann auch wirklich mal wahrnimmt und sich vergegenwärtigt. Manchmal sind es nur kleine Erfolge, manchmal sind es auch nur Teilerfolge. Aber im Grunde genommen muss man sich dessen dann auch mal bewusst werden. So in dem täglichen Arbeitstrott verliert man das sonst vielleicht mal aus dem Blick. Also das als eines. Und dann halte ich es für extrem wichtig, dass es innerhalb des Gremiums ein sehr faires Miteinander gibt, ein faires und kollegiales Miteinander mit gegenseitiger Unterstützung, so dass man also auch Vertrauen innerhalb dieses Gremiums haben kann und sich gegenseitig dann eben auch motiviert. Ich denke, wichtig ist auch, dass es die Möglichkeiten gibt zur Fortbildung, damit man sich als Mitglied nicht überfordert fühlt, sondern dass man hier eben entsprechend dann auch sein eigenes Know-how weiterentwickeln kann. Das halte ich für einen wichtigen Aspekt dabei. Und was man nicht unterschätzen sollte, ist sicherlich auch, dass es so etwas wie teambildende Maßnahmen gibt. Also dass man sich auch mal abseits dieser Sitzungen gemeinsam ein Ziel setzt, meinetwegen einen schönen Abend verbringt oder einen Ausflug macht. Oder beispielsweise haben wir über lange Jahre Weihnachten ein Bowling, wo es dann auch gesellig zugeht und wo man sich mal auf einer anderen Ebene miteinander austauschen kann. Also das halte ich schon für wichtig. Ich denke, man kann das ein bisschen vergleichen mit einem Mannschaftssport, da braucht man Erfolge, da braucht man gegenseitige Stützung und da muss man gemeinsam an einem Strang ziehen in eine Richtung.

Friederike Süssig-Jeschor: Ich glaube, wir könnten noch stundenlang weiter reden, aber, liebe Zuhörer, wir sind schon fast am Ende unseres interessanten Gesprächs über die Arbeit des Personalrats an der OVGU. Alle treuen Zuhörer wissen, dass jetzt noch unsere schnelle Fragerunde unter dem Motto „Lange Rede, kurzer Sinn“ ansteht. Das heißt, ich beginne gleich drei unterschiedliche Sätze und Ihre Aufgabe wird es sein, diese Sätze zu beenden. Sind Sie bereit? Wenn ich einen Tag lang Uni-Rektor oder Rektorin wäre, würde ich…? Ladies first!

Dr. Ursula Föllner: Dann würde ich bei den Lehramts-Studiengängen alle Kombinationsmöglichkeiten öffnen, sodass man also beispielsweise auch Sozialkunde, Sport und Deutsch miteinander verbinden könnte. Und auf der anderen Seite wäre ich dann am nächsten Tag sehr froh, wenn ich dafür die Verantwortung nicht mehr tragen müsste.

Friederike Süssig-Jeschor: Herr Dr. Drust?

Dr. Andreas Drust: Wenn ich einen Tag lang Uni-Direktor wäre, dann würde ich mich wirklich auf den nächsten Tag freuen, wenn ich wieder meinen eigenen Job machen kann.

Friederike Süssig-Jeschor: Als Personalrat haben wir das Ziel…? Das können Sie natürlich gerne gemeinsam beantworten.

Dr. Andreas Drust: Ein gutes Miteinander zwischen Uni und Beschäftigten sicherzustellen, würde ich sagen.

Dr. Ursula Föllner: Genau. Genauso sehe ich das auch.

Friederike Süssig-Jeschor: Ich würde mich immer wieder zur Wahl stellen, weil…? Da Frau Dr. Föllner altersbedingt in geraumer Zeit ohnehin nicht mehr zur Verfügung stehen wird, gebe ich diese Frage ausschließlich an Herrn Dr. Drust weiter.

Dr. Andreas Drust: Weil ich fest davon überzeugt bin, dass ich eine gute Personalrats-Arbeit im Sinne der Beschäftigten mache und wir auch immer wieder die Erfolge tatsächlich auch ernten können.

Friederike Süssig-Jeschor: Damit bedanke ich mich bei Ihnen, bei meinen Gästen für diesen Einblick in Ihre Arbeit und sage: Tschüss und bis zum nächsten Mal.

Dr. Andreas Drust: Vielen Dank!

Dr. Ursula Föllner: Auf Wiedersehen!

 

Introstimme: In die Uni reingehört. Der Podcast zur Arbeitswelt an der OVGU!

Letzte Änderung: 22.01.2024 - Ansprechpartner: Webmaster