#21: Wie überzeugt man die Menschen, das Klima zu schützen?

Woran denken Sie, wenn Sie die Worte „Wind of Change“ hören? An die Scorpions und den Mauerfall? Der Wind der Veränderung, das könnte auch ganz konkret die Windenergie sein. Erneuerbare Energien werden ein wesentlicher Faktor sein, um das Klima zu schützen. Denn die Hitze des vergangenen Sommers und die fehlenden Niederschläge, die zu Waldbränden, ausgetrockneten Bächen und hohen Ernteverlusten führten, zeigen: Der Klimawandel ist hier und wir spüren ihn. Und der Klimaschutz scheint den Deutschen zwar generell wichtig zu sein, aber sind sie wirklich bereit etwas dafür zu tun? Die Umweltpsychologin Prof. Ellen Matthies beschäftigt sich mit der Frage, wie Menschen als Individuum und die Gesellschaft als Ganzes auf den Klimawandel angemessen reagieren können. Wie gelingt die Transformation in den Köpfen hin zu mehr Klimaschutz? Darüber spricht sie in der neuen Folge von „Wissen, wann du willst“.

Heute zu Gast:

Ellen Matthies ist seit 12 Jahren Professorin für Umweltpsychologiean der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Ihr Forschungsinteresse gilt unter anderem dem Bereich der Mensch-Umwelt-Interaktion mit Schwerpunkt auf umweltrelevanten Verhaltensweisen und Entscheidungen. Von Mai 2013 bis Oktober 2020 war die Umweltpsychologin Mitglied im Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen und hat 2022 den Forschungspreis der Uni Magdeburg erhalten. 

Der Podcast zum Nachlesen


Intro-Stimme
: Wissen wann du willst. Der Podcast zur Forschung an der Uni Magdeburg.

Lisa Baaske: Wenn ich die Worte „Wind of Change“ höre, dann denke ich, und vielleicht auch viele andere Menschen, an die Scorpions und vielleicht damit verbunden an den Mauerfall. Veränderung, die wird aber auch zur heutigen Zeit immer wichtiger, vor allem in Bezug auf das Klima und die Umwelt. Der Wind der Veränderung, das könnte auch ganz konkret die Windenergie sein. Erneuerbare Energien werden ein wesentlicher Faktor sein, um das Klima zu schützen. Denn die Hitze des vergangenen Sommers und die fehlenden Niederschläge, die zu Waldbränden, ausgetrockneten Bächen und hohen Ernteverlusten führten, zeigen: Der Klimawandel ist hier und wir spüren ihn. Dennoch scheiterte beispielsweise der Bürgerentscheid in Berlin zur Klimaneutralität bis 2030. Und auch sonst, scheint Klimaschutz den Deutschen zwar generell wichtig zu sein, aber sind sie wirklich bereit etwas dafür zu tun? Die Umweltpsychologin Prof. Ellen Matthies beschäftigt sich mit der Frage, wie Menschen als Individuum und die Gesellschaft als Ganzes auf den Klimawandel angemessen reagieren können. Wie gelingt die Transformation in den Köpfen hin zu mehr Klimaschutz? Darum soll es heute einmal genauer gehen. Herzlich willkommen!

Prof: Ellen Matthies: Hallo!

Lisa Baaske: Ich habe das Wort in meiner Anmoderation schon sehr oft benutzt. Was genau ist denn aber eigentlich Klimaschutz?

Prof: Ellen Matthies: Klimaschutz ist eine Menschheitsaufgabe, es ist ja ein globales Problem, muss also global gelöst werden. Und damit befasst sich die Wissenschaft, die Zivilgesellschaft schon seit über 30 Jahre. Es gibt diese IPCC Berichte, verfasst von Wissenschaft für die UN und die listen eigentlich seit Jahren konkret auf, durch welche möglichen Maßnahmen man den Klimawandel begrenzen kann. Das würde ich als Klimaschutz bezeichnen, auf einer sehr globalen Ebene.

Aber letztendlich können wir ja alle zum Gelingen eines globalen Klimaschutzes als Individuen beitragen und zwar in ganz unterschiedlicher Art und Weise. Also viele denken vielleicht an das Handeln im Alltag, denken daran, dass man die Flugreisen einschränkt, sich anders ernährt. Und so weiter. Wärmedämmung macht, Wärmepumpe einbauen lässt oder sich an die Wärmeenergie anschließen lässt. Aber wir können ja auch politisch handeln. Wir sind ja auch Bürger*innen. Das heißt, wir können auf die Straße gehen, wir können eine bessere Klimapolitik einfordern, wir können mit unterstützen und in unserem Umfeld dafür werben, dass wenn irgendwo Freiflächen-PV-Anlagen hier in den Dörfern rund um Magdeburg geplant sind, dass man dann sagt: Na ja, gut, es ist ja wichtig, dass unsere Energieversorgung der Zukunft, es muss sein.

Lisa Baaske: Auf jeden Fall. Sie haben es ja schon angesprochen, die Menschen denken auch: Was kann ich privat für den Klimaschutz tun? Was machen Sie denn privat für Klimaschutz?

Prof: Ellen Matthies: Ich bin ganz glücklich, denn ich habe jetzt drei Jahre lang daran gearbeitet, eine PV-Anlage und eine Wärmepumpe für mein Haus zu bekommen. Und es ist an diversen unterschiedlichen Dingen immer wieder gescheitert. Und in diesem Sommer soll es aber tatsächlich passieren. Da bin ich schon ganz gespannt. Ende August soll es tatsächlich passieren. Das hat damit zu tun, dass ich technisch sehr interessiert bin. Wenn man sich intensiv mit dem Klimawandel und dem Klimaschutz global auseinandersetzt, dann weiß man, dass die großen Potenziale in technologischen Lösungen liegen. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Das heißt Windkraft, PV Anlagen und eben auch möglichst auf jedem Dach. Heizen aus erneuerbaren Energien, das ist immens wichtig, denn das hat einen großen Impact. Einen großen Impact, haben auch noch Flugreisen oder eine Ernährungsumstellung. Und ich nehme mir dann einfach so heraus, dass ich mich an diesen großen Dingen abarbeite. Und dann muss ich nicht im Alltag jeden Moment dran denken.

Lisa Baaske: Verstehe ich. Ich drücke Ihnen auf jeden Fall die Daumen, dass es mit der Wärmepumpe endlich funktioniert. Das war ja offensichtlich ein weiter Weg.

Prof: Ellen Matthies: Ja, es ist nicht einfach.

Lisa Baaske: Eigentlich traurig, dass es nicht einfach ist, aber gut.

Prof. Ellen Matthies: Muss ich auch sagen. Und dann erzählen mir Leute: Bei Ihrem geringen Stromverbrauch lohnt sich das doch gar nicht. (lacht)

Lisa Baaske: Googelt man einmal die Akzeptanz von Klimaschutz in Deutschland, zeigt sich, dass vielen Deutschen Klimaschutz wichtig ist. Wie angesprochen, ist aber trotzdem dieser Volksentscheid in Berlin, bei dem es darum ging, dass Berlin schon 2030 klimaneutral werden soll und nicht erst 2045, gescheitert. Woran liegt denn diese Diskrepanz? Wurden in Berlin einfach irgendwie die falschen Dinge gefordert?

Prof. Ellen Matthies: Also ich würde sagen, dass sich niemand im Moment, außer die großen Institute, die die Studie machen kann, so genau vorstellen kann, wie denn schrittweise Klimaschutz geht. Also umfassender Klimaschutz, also Klimaneutralität. Wie man das erreicht. Das ist ja relativ neu, so darüber zu sprechen. Also es hat immer schon Gruppen gegeben, die sehr vehement einen umfassenden Klimaschutz eingefordert haben. Aber diese Konkretisierung, was bedeutet das? Eine Defossilisierung des motorisierten Individualverkehrs, der muss dann verdrängt werden. Komplette Umstellung, Häuser dämmen, Häuser anders beheizen und so weiter. Ich glaube, das ist für viele noch ein Projekt mit vielen Fragezeichen. Und wenn man sich dann nicht so gut auskennt und die meisten kennen sich dann nicht so gut aus, dann kann man auch leicht Ängste erzeugen und dann sagen die Leute im Zweifelsfall lieber nicht. Aber wie Sie schon sagen, also das Bewusstsein für die Problematik ist ungemein groß in der deutschen Bevölkerung. Also ich frage mich, warum politisch nicht schon viel mehr passiert ist in den letzten Jahren. Ich meine, jetzt haben wir die Situation, wo unter Zeitdruck massive Veränderungen durchgesetzt werden müssen. Wie viel schöner wäre es gewesen, wenn man schon vor 20 Jahren mit dem Klimaschutz angefangen hätte? Dann hätte man schon seit zehn Jahren die Wärmenetze und könnte heute tatsächlich entscheiden: Lasse ich mich endlich ans Wärmenetz anschließen oder nehme ich dann erneuerbare Technologie für meine Heizung? Das wäre dann gar nicht das Aufreger-Thema.

Lisa Baaske: Ja, das verstehe ich auf jeden Fall sehr gut. Vor allem hat man jetzt auch eben das Gefühl und ich glaube, das sagen eben auch viele Menschen, das gerade vielleicht auch einfach die Zeit ist. Corona ist gerade vorbei, es herrscht Krieg, ist es vielleicht auch einfach das Problem, dass viele Menschen gerade auch einfach andere Probleme haben und es deswegen nicht einsehen?

Prof: Ellen Matthies: Das kann man in Zweifel ziehen. Wir haben ja selbst eine Studie gemacht, damals zu Beginn der Coronakrise im Frühjahr 2020. Es gab es ganz große Befürchtungen der gesamten Klimaschutzbewegung und der Institutionen. Die haben gesagt: Oh, jetzt wird das Thema Klimaschutz verdrängt. Und das war ja sehr stark. 2019 war das ja wirklich das wichtigste Thema in den Köpfen ganz vieler Menschen. Und die haben sich gedacht, jetzt wird das verdrängt durch diese neue Thematik. Und das ist aber nicht so. Und diese Vorstellung von „Ich kann mich immer nur auf ein oder vielleicht zwei Probleme fokussieren“, das ist eine falsche Vorstellung, denke ich der Journalist*innen. Die haben tatsächlich ein Kapazitätsproblem, weil es nur einen Leitartikel gibt. Da muss ich mich entscheiden. Aber bei Menschen ist das nicht so ein Dauerthema, wird nicht verdrängt, in dem es ein neues, aktuelles oder dann eben auch ein neues, temporäres Dauerthema gibt. Menschen haben sich in ihrer Bereitschaft, Klimaschutz zu unterstützen, in ihrem Problembewusstsein für die Klima-Thematik nicht verändert durch die Coronakrise.

Lisa Baaske: Sehr spannend. Auf der anderen Seite, was würde denn Menschen motivieren mehr für Klimaschutz zu tun? Also man hat so den Eindruck, die Aussicht darauf, dass sich die Erde immer weiter erwärmt, wir immer mehr Hitzesommer erleben. Also ja auch teilweise „Angst“ scheint keine Motivation zu sein.

Prof: Ellen Matthies: Das ist unterschiedlich. Also Menschen ticken ja unterschiedlich. Und es gibt sicherlich solche, die durch starke Erlebnisse wie den ersten Dürresommer, den hatten wir, glaube ich, 2017 durch solche starken Erlebnisse oder jetzt die Brände in Kanada. Kanada ist ein Land mit hohen CO2 Emissionen, die ja auch teilweise das Kyoto Protokoll wieder ausgesetzt haben, aus politischen Gründen und sind jetzt so massiv mit dem Klimawandelfolgen konfrontiert. Das hilft für den politischen Prozess in Kanada, also insofern auch Ängste oder solche bedrohlichen Erlebnisse helfen. Aber im Allgemeinen ticken Menschen nicht so, dass sie vornehmlich auf ihre Ängste positiv mit Handeln reagieren, sondern eher mit Verdrängung. Also insofern ist eigentlich Angst gar nicht das entscheidende Thema, sondern das entscheidende Thema ist: Wenn ich eine Sorge habe, habe ich gleichzeitig auch die Erwartung, dass ich durch gewisse Handlungen dazu beitragen kann, das Problem, die Gefahr abzuwenden. Und hier vor allem beim Klimaschutz, sind diese kollektiven Wirksamkeitserwartungen wichtig. Weiß ich selber, was ich tun kann, vertraue ich darin, dass andere auch ihren Beitrag leisten, das ist eine Gemeinwohlaufgabe. Da hängt viel davon ab, was ich erwarte, was die anderen auch tun.

Lisa Baaske: Okay, spannend. Und was würde denn vielleicht auch Menschen dazu bringen, mehr für den Klimaschutz zu machen? Also braucht es härtere Gesetze, mehr Regulierung? Muss Klimaschutz alltagstauglicher werden oder auch besser kommuniziert werden?

Prof: Ellen Matthies: Also, wenn Sie sagen, Klimaschutz ist nicht alltagstauglich, dann legen Sie ja eigentlich den Finger direkt in die Wunde. Also, wie kann es sein, dass eine Gesellschaft, deren Menschen Klimaschutz so wichtig ist und wo auch auf internationaler, multilateraler Ebene Klimaschutz so wichtig ist? Wie kann es sein, dass Klimaschutz nicht im Alltag immer das Naheliegende ist? Also, da wurden halt in den letzten Jahrzehnten Fehler gemacht und das muss jetzt umgebaut werden. Und vor dem Hintergrund: Ich finde, Ottmar Edenhofer betont es ja immer wieder, dass die CO2-Bepreisung das Leitinstrument für eine Transformation ist und da hat er auch recht. Und im Grunde genommen jetzt die Debatte, die wir hatten um das Gebäudeenergiegesetz. Und darf man Menschen sozusagen dazu zwingen, dass sie bei der nächsten Heizungsanlage weg von den Fossilen hin zu den Erneuerbaren schalten? Ja, diese Frage würde sich eigentlich erübrigen, wenn ganz klar ist, das, was jetzt passiert ist mit den hohen Energiepreisen im letzten Jahr. In fünf Jahren, werden wir wieder so hohe Energiepreise haben. Einfach aus dem Grund, weil die CO2-Emissionen, also die tatsächlichen Kosten, die wir durch unseren Lebensstil verursachen, stärker dann tatsächlich auf die Handlungsweisen sich auswirken werden, die diese Kosten, also die Umweltbelastung hervorrufen. Und das kann über einen stark steigenden CO2-Preis laufen und da die EU jetzt auch den Emissionshandel ausweitet, denke ich, werden wir das haben. Und dann werden die Leute hoffentlich durch eine entsprechende Kommunikationspolitik frühzeitig wissen: Ich wäre ja schön blöd, wenn ich weiterhin auf die alte Technologie setze. Das wird mir irgendwann mal auf die Füße fallen. Also ich glaube, Leitinstrument CO2-Bepreisung ist ganz wichtig und was auch wichtig ist, ist mehr Wissen auch über den Impact, also die Klimawirkung der einzelnen Verhaltensweisen in unserem Alltag. Also dass wir stärker wahrnehmen können, welche Konsequenzen haben unsere Entscheidungen.

Lisa Baaske: Es ist spannend, dass Sie den CO2-Preis ansprechen, denn ich hatte tatsächlich noch mit einem anderen Forschungsprojekt zu tun, wo eben die CO2-Bepreisung quasi untersucht wurde. Und tatsächlich war ich einer der Menschen, der gar nicht wusste, dass es ein CO2-Preis gibt, was tatsächlich wirklich ja vielen Leuten so geht, weil er ja noch so unfassbar gering ist, dass man es quasi nicht merkt.

Prof: Ellen Matthies: Also, die Erhöhung wurde ja ausgesetzt wegen der Gas- und Energiekrise und ohnehin wegen der steigenden Preise, aber der wird kommen und der wird schnell steigen. Und da reden wir über Emissionspreise von 300 bis 400€ pro Tonne CO2 und jetzt liegt er, glaube ich, immer noch bei 20€. Soll demnächst auf 40€ steigen und dann wird er aber massiv steigen. Und wer dann in zehn Jahren noch mit Gas heizt, der hat ein Problem.

Lisa Baaske: Dazu passend hat sich ja Deutschland verpflichtet, bis 2045 klimaneutral zu werden. Damit verbunden, ist eben auch ein rascher und umfassender Ausbau von Photovoltaik und Windkraft. Irgendwie habe ich aber den Eindruck, dass das gar nicht so wirklich vorangeht. Welche Barrieren oder Probleme stehen denn dem Ausbau gerade im Weg? Oder ist einfach mein Eindruck falsch?

Prof: Ellen Matthies: Also, zunächst mal muss man sagen, dass der PV-Ausbau relativ schnell vorangeht. Bei der Windkraft ist es so, dass er jetzt wieder an Fahrt aufnimmt. Er war aber über 10 bis 15 Jahre stark ausgebremst, vor allem in den letzten Jahren. Es hat einen starken Anstieg gegeben des Ausbaus und dann ist es tatsächlich stagniert. Und das hatte damit zu tun, dass es viele Regulierung gab, die Investoren abgeschreckt haben, wie zum Beispiel die 10H-Regelung, die 1000 Meter Abstandsregelung. Und das sind Regelungen, die eigentlich wissenschaftlich nicht begründbar sind. Also, der Abstand zu einer Windkraftanlage hat mit Lärmemissionen nur insofern etwas zu tun, als dass die Lärmemissionen natürlich mit der Entfernung variieren. Aber man kann zeigen, dass im Abstand von unter 1000 Metern überhaupt erst die Lärmemissionen bei einem Teil der Bevölkerung überhaupt relevant werden. Oder anders gesagt, man kann in Studien zeigen, dass dann auch eigentlich die Nähe zur Windkraftanlage überhaupt nicht der entscheidende Faktor für ein Belästigungserleben und Zufriedenheit mit der Situation ist, sondern wichtig ist, wie wurde das Prozedere, also die Planung und der Bau der Windkraftanlage erlebt? Wurde der Prozess als fair erlebt? Das ist letztendlich auch entscheidend für das Belästigungserleben, nicht der Abstand zu der Windkraftanlage. Das finde ich psychologisch wirklich beeindruckend, denn das zeigt Menschen, dass Veränderungsprozesse Energie kosten und Veränderungsprozesse kann man gut oder schlecht gestalten. Und wenn man sie schlecht gestaltet, dann verliert man wirklich die Menschen und die leiden dann auch tatsächlich. Aber wenn man sie gut gestaltet, dann sind es kaum die objektiven Veränderungen, die Menschen noch weiter belasten, sondern Menschen arrangieren sich damit. Wir arrangieren uns mit den Veränderungen, die wir überall haben. Ich arrangiere mich damit, dass jetzt schon seit Wochen die PV-Anlage auf dem Gebäude 22 montiert wird und das immer mit Lärm und Sperrungen verbunden ist. Und auch hier auf dem Campus, wo kann man denn noch entlanggehen? Das nervt uns alle, das belastet uns. Zunächst mal kann man sich über den Sommer damit arrangieren. Also ich merke das auf jeden Fall, dass ich mich damit arrangiere. Und ich kann auch sagen: Es ist doch für einen guten Zweck. Endlich bekommen wir PV-Anlagen oder endlich bekommen wir ein neues Wärme- und Energiesystem hier an unserer Universität. Deswegen modeln die ja alles um, da kann ich mich damit arrangieren und so wird es auch mit der Energiewende sein. Und das zeigen auch Studien, dass das so ist. Menschen, die in der Nähe von Windkraftanlagen wohnen, haben eine positive Einstellung zu den Windkraftanlagen und berichten nicht, dass sie sich belasteter fühlen als Menschen, die keine Windkraftanlage in ihrer Nähe haben. Das ist doch wirklich beeindruckend.

Lisa Baaske: Ja, auf jeden Fall. Hätte man auch gar nicht so gedacht. Das fand ich auf jeden Fall überraschend. Wie hoch ist denn aber allgemein die Akzeptanz in der Bevölkerung für erneuerbare Energien? Also hat sich auch die Akzeptanz in den letzten Jahren verändert?

Prof: Ellen Matthies: Eigentlich nicht, die ist schon immer hoch. Seit 2011 als es auch diesen Energiewendebeschluss gegeben hat, seitdem ist die Akzeptanz für den Ausbau der Erneuerbaren sehr hoch, über 80 Prozent. PV-Anlagen sind noch attraktiver und Windkraftanlagen sind weniger attraktiv, also weniger stark unterstützt. Biomasseanlagen sind wirklich weit abgeschlagen in der Akzeptanz und dann eben Kohle und Braunkohle, die sind völlig abgehängt.

Lisa Baaske: Ich hatte mich natürlich auf den Podcast vorbereitet und mal ein bisschen im Internet rum gelesen und habe eine Forsa-Umfrage gefunden, bei der es heißt, dass nur noch 10 Prozent der Deutschen glauben, dass der Energiebedarf Deutschlands vollständig und allein durch erneuerbare Energien gedeckt werden kann. Woran liegt es, dass so wenig Menschen in erneuerbare Energien vertrauen?

Prof: Ellen Matthies: Ja, also ich kann mir das nur so erklären. Das Thema ist ja komplex. Also es gibt die Studien, die sich schon vor 10 jahren damit beschäftigt haben, die gesagt haben, das ist möglich - technisch und auch von den Infrastrukturen her. Das ist umsetzbar. Aber wir lesen ja keine Studien, sondern wir vertrauen so unserer Intuition. Und wenn man das jetzt vor 20 Jahren erzählt hätte, dann hätte man sich vielleicht auch gefragt, ob das überhaupt möglich ist. Weil wir geprägt davon sind, großgeworden sind in dieser Selbstverständlichkeit, dass fossile Energiequellen das ist, was man auf jeden Fall braucht. Und wir haben uns lange damit auseinandergesetzt, können Autos überhaupt elektrisch fahren, weil die müssen dann an die Steckdose und die Batterien haben nicht so einen hohen Wirkungsgrad, dass man zumindest die Themen, als ich mich damit beschäftigt habe vor zig Jahren, jetzt wegfegen kann und mittlerweile kann man ja auch die Reichweitenangst wegfegen, weil man weiß, irgendwie hat die dritte Generation von Elektroautos überhaupt keine Reichweitenprobleme. Also die technologischen Veränderungen, die muss man glaube ich erst mal erleben, um dann den Eindruck zu haben: Ja, das funktioniert gut. Und ich glaube, ein Teil beigetragen zu dieser Verunsicherung hat eben auch dieser starke Diskurs über Ausbau von Windkraft und dieser starke Zweifel daran, dass das mit der Bevölkerung machbar ist. Also dieser Begriff Nimby, not in my backyard, im Grunde genommen wollen die Leute das einerseits, aber andererseits, wenn es konkret passiert, wollen sie es wiederum nicht. Dann gibt es Widerstand. Das war eine Erzählung, die hat die Medien dominiert über Jahre und hat vermutlich auch die Politik dazu bewegt, solche Unsinnigkeiten wie diese 1000 Meter Abstandsgrenzen zu installieren, die haben sich von diesem Mythos leiten lassen. Das sind so meine Erklärungen dafür, dass die Leute sich das nicht vorstellen können, ein nicht hinreichendes technisches Verständnis. Auch die Komplexität der Situation oder die Komplexität der Aufgabe unter vielen Möglichkeiten, die wird vereinfacht vermutlich dargestellt. Dann fragt man sich ja, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint, also diese Dunkelflauten, dann steht man auf dem Schlauch, dann haben wir gar nichts. Wir haben ja schon seit Jahren Forschung zu Speicherkapazitäten. Es gibt ganz unterschiedliche Möglichkeiten, solche Dunkelflauten zu überbrücken und befasst sich jetzt damit, was die effizienteste und kostengünstigste Energie ist. Und soweit ich die Studien jetzt verstanden habe, sind es vermutlich Wasserstoffkraftwerke. Obwohl Wasserstoff sehr teuer ist, aber weil sie schnell hochgefahren werden können und dann eben nur in diesen kurzen Phasen genutzt werden müssen, wo es tatsächlich Dunkelflaute gibt, können die das wunderbar ausgleichen. Aber auch Strom aus Norwegen kann eine Lösung sein, mit Wasserkraft. Wenn man sich damit intensiv befasst, dann sieht man, dass es nicht nur die Probleme, sondern auch die Lösungen zu dem Problem schon längst gut durchdacht gibt. Aber wenn man sich das nur oberflächlich PI mal Daumen anguckt, habe ich keine Lust, mir ein Elektroauto anzuschaffen, mein Nachbar auch nicht und der ist eigentlich ziemlich innovationsbereit und dann wird das nichts.

Lisa Baaske: Es spannend, weil ich mich selbst nicht unbedingt erwischt, aber so mein Umfeld schon. Also diese Sachen von: Wenn kein Wind weht, dann funktioniert das ja nicht oder die Elektroautos können nicht so weit fahren. Es ist wirklich wahrscheinlich, dass man die Probleme im Kopf hat, aber nicht die Lösungen. Man geht aber trotzdem davon aus, dass man das Wissen hat und lässt sich dann auch irgendwie nicht mehr belehren oder beschäftigt sich nicht damit.

Prof: Ellen Matthies: Als Psychologin weiß man das ja auch. Das Thema motiviert Kognition. Also ich ziehe mir dann auch die Themen und die Information heran, die mich darin bestärken, dass ich meine Position beibehalten kann und nicht umlernen muss. Da sind wir ein bisschen bequem, nicht alle, aber manche.

Lisa Baaske: Und jetzt aber auf der anderen Seite: Wie kann man denn Vertrauen womöglich wiederherstellen? Indem man die Lösungen mehr kommuniziert, mehr präsentiert?

Prof: Ellen Matthies: Also ich bin ein großer Fan von interaktiven Informationsangeboten, weil das Thema komplex ist und weil es so viel umfasst. Wenn das jetzt schneller ausgebaut wird, oder wenn das schneller ausgebaut ist, der Kohleausstieg vorgezogen wird und so weiter. Welche Implikationen hat das und wie kann das alles zusammen wirken? Und da gibt es ganz wunderbare Modellierungen, also Modelle, wo man die Eingangsvariablen variieren kann sagen kann in fünf Jahren, dann gehe ich mal davon aus, dass das noch stärker ausgebaut wird und dann haben wir wieder die Herausforderung und wie kann man die dann lösen? Also es gibt im Internet schon interaktive Informationsangebote zu diesem Thema. Also das für diejenigen, die sich wirklich sehr differenziert jetzt mal damit auseinandersetzen wollen, die so ein bisschen auch die Komplexität erahnen. Und ehrlich gesagt, ich finde, eigentlich ist das ja auch ein allgemeines Bildungsthema. Wir wissen seit den 1990er Jahren, dass es den Klimawandel gibt und wir wissen, dass man als Weltgemeinschaft da drauf reagieren muss. Und trotzdem haben heute in den Schulen die Leute noch nicht gelernt, wie das funktionieren kann. Oder aber auch an der Universität hier. Wir sind eine technische Universität. Also das kann doch eigentlich gar nicht sein. Da braucht es doch auf jeden Fall ein Studium Generale im Bereich Nachhaltigkeit und nachhaltigem wirtschaften und Transformation. Und was bedeutet das für technische Lösungen? Wir haben schließlich einen Studiengang nachhaltige Energiesysteme. Also ich könnte mir auch vorstellen, dass man hier an der Uni große Veranstaltungen macht, um genau dieses Thema differenziert zu bearbeiten. Und das geht uns alle an, also auch die Umweltpsycholog*innen interessieren sich doch dafür, genauer zu verstehen, wie das funktionieren kann.

Lisa Baaske: Wir haben ja das Nachhaltigkeitszertifikat, das klingt vielleicht am Anfang komisch. Aber man betrachtet das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven und zeigt, weil es ja auch gut ankommt, dass es eben auch für die Generation wichtig ist und dass es auch wirklich genutzt wird. Finde ich total toll.

Jetzt gibt es aber natürlich auch Argumente von Kritiker*innen, die es ja nicht gerade wenige gibt, dass es nichts bringt, wenn Deutschland in erneuerbaren Energien investiert und klimaneutral wird, andere Länder aber weiter die Umwelt verpesten. Das antworten Sie ihnen dann darauf.

Prof: Ellen Matthies: Zunächst mal würde ich zurückfragen: Weißt du denn überhaupt, an welcher Stelle Deutschland bei den CO2-Emissionen steht? Steht Deutschland an der Spitze einer CO2-Emissionsminderungsbewegung oder ganz hinten? Tatsächlich ist es so, dass Deutschland glaube ich, auf Platz 10 oder 11hinter China, der Pro-Kopf-Emissionen steht, also im negativen Sinne. Wir gehören zu den Schlechten. Wir haben in Europa die schlechteste CO2-Emissionsbilanz. Also um damit aufzuräumen, zu sagen, wir tun doch immer so viel, sollen doch erst mal die anderen. Stimmt nicht. Wir müssen ganz viel tun, wenn wir auf den Stand der zivilisierten Völker Europas kommen wollen. Die USA, China und Russland stehen noch vor uns sozusagen. Das sind die größeren CO2-Emittenten und natürlich Saudi-Arabien usw., von denen erwartet man das ja auch. Also wir stehen überhaupt nicht so gut da. Und wenn man sagt und das stimmt ja, dass das ein globales Problem ist, das muss global bewältigt werden. Dann muss man sich auch fragen, durch welche Strategien kann man denn solche globalen Veränderungsprozesse gut mit unterstützen? Und sicherlich nicht dadurch, dass man als Industrieland vormacht, dass man sich dem Klimaschutz versucht zu entziehen, sondern im Gegenteil, indem man vormacht: Wir gehören zu den großen Industrienationen. Und die großen Industrienationen haben ja höhere CO2-Emissionen, aber wir können zeigen, dass es auch klimaneutral geht in einem großen Hochtechnologie- und Industrieland. Also dann haben wir einen guten Beitrag tatsächlich zum Klimaschutz global geleistet.

Lisa Baaske: Reagieren wir als Gesellschaft und die Politik dann auch einfach zu zögerlich auf den Klimawandel? Also welche konkreten Transformationsprozesse müssen denn jetzt zeitnah überhaupt passieren?

Prof: Ellen Matthies: Eine CO2-Bepreisung ist tatsächlich das Leitinstrument, auch um Prozesse nicht nur in der Industrie, sondern auch für private Entscheidungen angemessene Rahmenbedingungen zu setzen. Subventionsabbau und das ist ja Regulierung, das sind staatlicher Eingriffe, die muss es geben, die muss es auch aus dem Grunde geben, weil wir ja viel zu lang gedacht haben, da gibt es den Klimawandel, und das ist eine Gefahr. Aber so schlimm wird's schon nicht werden, weil sonst würde die Politik ja viel dramatischere Maßnahmen ergreifen. Also im Grunde genommen wird durch eine klare, ambitionierte Politik ja den Menschen auch signalisiert: Es ist ernst. Es ist wirklich sehr ernst. Also insofern würde ich mir eine entsprechende Regulierung und klare Vorgaben hier erhoffen. Und dazu gehört ganz klar eine CO2-Bepreisung.

Lisa Baaske: Es gibt ja tatsächlich auch bereits schon viele Vorschläge, um den Klimawandel zu stoppen. Also klimaneutrale Kreislaufwirtschaft, erneuerbare Energien, eine veränderte Landwirtschaft. Viele Menschen sind eben auch begeistert davon. Bei anderen löst es eher Unmut und Ablehnung aus. Wie nimmt man denn aber Menschen bei solchen Transformationsprozessen mit?

Prof: Ellen Matthies: Also zunächst einmal muss man tatsächlich sagen, dass wir diese hohen Unterstützungswerte haben. Und wenn man sich mal anguckt: Wir haben auch Unterstützungswerte für sehr differenzierte, ambitionierte Maßnahmen, die sind da in der Bevölkerung. Gleichzeitig haben wir wenig Vertrauen in unsere Mitmenschen. Es gibt da eine ganz spannende Studie in den USA von Psycholog*innen. Die konnten zeigen, dass die USA-Klimapolitik von über 60 % der Bevölkerung unterstützt wird, das aber genau die gleichen Menschen, die sagen, „Ich unterstütze das“, wenn man die fragt: Was glaubst du denn, wie viel Prozent in den USA unterstützen diese Politik? Die Unterstützungsbereitschaft nur halb so hoch eingeschätzt haben. Man nennt das „pluralistic ignorance“. Also, dass ich eigentlich in einer Gesellschaft lebe, die immer so tut, als würden wir das nicht wollen, was wir eigentlich müssen. Und das, finde ich, ist eine ganz spannende Vorstellung, dass es uns eigentlich an Vertrauen in die Veränderungsbereitschaft der anderen fehlt. Wir sitzen hier und sind uns völlig darüber im Klaren, dass Klimapolitik wichtig ist, dass es den Klimawandel gibt und dass die Politik eingreifen muss und dass es einen Transformationsprozess geben wird, dass man nicht drum herumkommt. Und denken gleichzeitig: Es gibt aber Menschen da draußen, die wollen das nicht. Und das ist vielleicht eine völlig falsche Einschätzung. Das finde ich es wirklich wert, darüber nachzudenken. Wie komme ich dazu, auch mehr Vertrauen und Mut zu haben in diesem Transformationsprozess?

Lisa Baaske: Eine sehr spannende Perspektive. Ich frage mich, wie man das wohl lösen könnte? Also es gibt ja nun schon Studien, die sagen, die Deutschen sind bereit für Klimaschutz und all das. Trotzdem wird das ja in den Zweifel gezogen. Es ist aber auch die Frage, wie bekommt man die Leute dazu zu sagen: Okay, mir ist es wichtig, den anderen auch.

An unserer Uni gibt es jetzt ganz neu ein Forschungsprojekt, das heißt Klimaplan Real, wo Sie auch beteiligt sind. Bei dem es darum geht, dass Ideen entwickelt werden, wie Hochschulen in Sachsen-Anhalt klimaneutral werden können. Eingesetzt werden dafür auch Hochschulklimaräte nach dem Vorbild von Bürgerräten. Was genau versprechen Sie sich dann davon? Und ist das eine Strategie, die auch für ganz Deutschland funktionieren würde?

Prof: Ellen Matthies: Eigentlich schließt das an die Frage von gerade jetzt an, weil wenn es darum geht, Zutrauen oder Vertrauen, dass andere mit mir gemeinsam ein Problem lösen, wenn es darum geht, das herstellen zu wollen, dann ist so eine Methode wie Bürgerrat oder eben Hochschulklimarat eine gute Strategie, weil ich dann erleben kann, wenn wir gemeinsam an Lösungen arbeiten, da bekomme ich ein Gespür dafür: Hat vielleicht jemand Vorbehalte? Aber der ist trotzdem guten Willens, hat vielleicht ein Informationsdefizit. Wenn ich dem genauer erkläre, warum mir das aber wichtig ist, dann kann ich mit ihm zusammenarbeiten und kann gute Ideen entwickeln. So ist es gelaufen im Bürgerrat „Klima“. Den durfte ich mit beobachten und auch mit beraten. Natürlich, die Maßnahmen, die entwickelt werden, sind dann vielleicht ambitionierter als das, was die durchschnittliche deutsche Bevölkerung sich vielleicht wünschen würde. Aber trotzdem kriegen die eine hohe Akzeptanz, weil die so formuliert sind, dass sie Mitbedenken, Nebenwirkungen und auch das, was das Gebäudeenergiegesetz eigentlich kurzfristig umsetzen wollte, wurde da schon vorausgedacht. Und die haben aber sehr stark noch überlegt, dass das natürlich abgestuft sein muss, damit das so verhältnismäßig ist. Die ältesten Gebäude müssen zuerst dran, die dürfen als erste gedämmt werden. Da muss man dann entsprechend auch unterstützen und subventionieren. Die haben halt die Maßnahmen so formuliert, dass sie auch von über 50 Prozent der deutschen Bevölkerung mitgetragen werden. Es gibt ja regelmäßige demoskopische Studien und es gibt eben auch eine Studie, PACE, von der Uni Erfurt, die durchgeführt wird, von einer Kollegin, einer Psychologin, die dann auch regelmäßig die Vorschläge vom Bürgerrat „Klima“, auch von der deutschen Bevölkerung bewerten lässt. Und die Zustimmungswerte liegen immer noch bei über 50 Prozent. Da gibt es auch nicht dieses Nimby-Phänomen, dass wir irgendwie abstrakt alle etwas wollen und wenn es konkret wird und uns selbst betrifft, es dann plötzlich nicht mehr wollen. Also auch da gibt es noch hohe Unterstützungsbereitschaft. Vielleicht ist es tatsächlich dieser Zweifel am guten Willen meiner Mitmenschen, diesen unbegründeten Zweifel, da verfangen wir uns immer wieder in Diskussionen und sind so leicht störbar. Wenn dann jemand ganz gezielt ein Interesse daran hat, bestimmte Diskurse abzuwürgen und bestimmte politische Parteien zu diskreditieren dann gelingt das Ganze zu schnell. Auch a würde ich mir verantwortungsbewussteren Journalismus wünschen, der im Grunde genommen nicht immer auf diese negativen Emotionsthemen setzt. Ich will nicht, aber wenn es hart auf hart kommt, dann fliegt einem das um die Ohren und so weiter. Das sind ja die Themen, die offenbar in diesen Leitartikeln so schnell Eingang finden. Das ist aber nicht hilfreich. Das ist auch eigentlich nicht eine Form von Journalismus, wo wir lernen können. Ich finde, es ist eigentlich eine Form von freier Meinungsäußerung, weil das teilweise ja auch mit Desinformation einhergeht. Also ich stehe da kopfschüttelnd. Ich würde eine solche Journalistin nicht sein wollen und ich würde auch eine solche Politikerin nicht sein wollen, die plötzlich behauptet, man braucht 70.000€, wenn man sein Haus klimaneutral beheizen will.

Lisa Baaske: Verstehe auf jeden Fall. Aber klar, man liest das dann und denkt: Okay, so ist das also. Um Gottes Willen, das kann ich mir auf gar keinen Fall leisten. Und man forscht dann nicht mehr, ob die Information jetzt zum Beispiel richtig war. Und das ist sicherlich das Problem daran.

Prof: Ellen Matthies: Gut recherchierte Berichte in manchen Printmedien findet man überhaupt nicht. Da geht es nur darum, bestimmte Vorurteile zu bedienen. Und dass wir alle eigentlich Klimaschutz dann doch nicht wollen, glaube ich, ist so ein Vorteil. Da kann man sich ganz locker drauf beziehen, obwohl das der Sache nicht guttut und auch im Kern falsch ist.

Lisa Baaske: Ich glaube, das Gespräch hat jetzt gezeigt: Wir stehen vor einer großen Herausforderung und natürlich auch langen Prozessen. Was ist denn Ihr Eindruck? Schafft es Deutschland bis 2045 zur Klimaneutralität? Und vor allem wird wirklich ein Wandel in den Köpfen der Menschen stattfinden?

Prof: Ellen Matthies: Es ist ja sinnlos, sich zu überlegen: Schaffe ich oder schaffe ich nicht. Sondern ich weiß, dass ambitionierte Ziele erreichbar sind. Ich weiß, dass es technisch möglich ist und ich habe Vertrauen in meine Mitmenschen. Also gehe ich davon aus, dass wir es schaffen werden. Zu den Veränderungen in den Köpfen: Ich glaube, es geht gar nicht so sehr in die Köpfe zu bringen, dass Klimaschutz wichtig ist, weil das wissen wir alle, sondern es geht darum, in die Köpfe zu bringen, dass wir das eigentlich alle schon wollen, und auch zu zeigen, wie viele gute Beispiele es gibt, wie viele gute Ideen, gute Initiativen. Ich würde mir wünschen, mehr Wohlwollen und nicht Begeisterung, sondern tatsächlich so Empathie, also Mitgefühl für dieses große Projekt. Und das wird uns alle anstrengen und es führt kein Weg dran vorbei. Wir machen das jetzt und wir schaffen das.

Lisa Baaske: Ich glaube, das war ein sehr gutes Schlusswort. Vielen Dank, dass Sie da gewesen sind. Es ist tatsächlich schon vorbei. Ich fand es super spannend und ich glaube, es hat auch noch mal neue Perspektiven eröffnet. Vielleicht regt es auch noch mal zum Nachdenken an.

An die Zuhörerinnen und Zuhörer: Vielen Dank, dass Sie dabei waren. Bleiben Sie gesund und hoffentlich schalten Sie auch beim nächsten Mal wieder ein.

Outro-Stimme: Wissen wann du willst. Der Podcast zur Forschung an der Uni Magdeburg. 

Letzte Änderung: 06.09.2023 - Ansprechpartner: Webmaster