Skurrile Weltuntergangsstory im CampusTheater

>> Haon, ein Mann um die vierzig, kauft im Supermarkt eine Tüte Kartoffelchips. Ein Angestellter überredet ihn, eine ganz bestimmte Tüte zu nehmen, denn er sei auserwählt, auserwählt ein neuer Noah zu werden. Eine große Yacht – der Gewinn in der Chipstüte – soll seine Arche sein. Zahlreiche bürokratische Hindernisse versperren ihm den Weg, genügend exotische Tiere aus dem Zoo für seine Reise zu bekommen. Und auch Frau und Sohn unterstützten ihn nicht wie erwartet bei den nötigen Reisevorbereitungen. Gorilla Artur schließlich wird Haons beste Trophäe. <<

Die Brüder Oleg und Wladimir Presnjakow treffen mit der turbulenten tragisch-komischen Weltuntergangsstory „Vor der Sintflut“ aus dem Jahr 2007 nicht nur mitten ins Schwarze heutiger Katastrophenängste und Untergangsszenarien, sondern auch den Geschmack der Theatergruppe DER SCHRANK. Die Studenten wählten das avantgardistische Stück der für ihren bissigen und hintergründigen Humor bekannten Brüder aus Jekaterinburg für einen besonderen Anlass aus: die Wiedereröffnung des CampusTheaters nach mehreren Jahren Spielpause und Renovierung. Hinter dem Wohnheim 7 war es im Dornröschenschlaf versunken fast der Vergessenheit anheim gefallen. Turbulent, satirisch, skurril, fantasievoll, manchmal auch etwas kompliziert und verwirrend, wurde die Spielstätte von diesem außergewöhnlichen Studierendentheater zu neuem Leben erweckt. 

 

Studentische Theatergruppe DER SCHRANK inszeniert absurd-satirisches Avantgardetheater

Und genau so sind die Stücke, die DER SCHRANK seit inzwischen 18 Jahren auf die Bretter Magdeburger Bühnen bringt. Und seit dieser Zeit rätseln auch die Zuschauer regelmäßig bevor sich vor jeder Aufführung der Vorhang hebt, was es mit diesem außergewöhnlichen Namen der studentischen Mimen auf sich hat. Prof. Dr. Gudrun Goes, Bereich fremdsprachliche Philologien an der Fakultät für Humanwissenschaften, die mit einigen Enthusiasten 1998 das Studententheater gründete, weiß, wie es zu dem SCHRANK-Namen kam, der inzwischen zu einem Markenzeichen wurde: „Die erste Inszenierung war ein Stück des russischen absurden Dichters Aleksandr Wedenskij, der als Mitglied der avantgardistischen Theatergruppe OBERIU in den 1920er Jahren immer mit einem Schrank auftrat. Das hat uns imponiert und so sind wir zu dem ungewöhnlichen Namen gekommen.

Die Studierenden aus verschiedenen Fakultäten der Universität spielen seither Stücke von Autoren, die man auf den Theaterspielplänen eher selten findet: Valentin Sorokin, Daniiel Charms, Nikolaij Erdman, Nikolaj Gogol, Jewgenij Schwarz u.a. Immer wieder gelingt es Gudrun Goes, die Studierenden gerade für Stücke der slawischen Avantgarde mit absurd-satirischem Hintergrund zu begeistern, spornt sie an zu intensiver, oft mehrmonatiger, Probenarbeit und Auseinandersetzung mit dem Stück. Die Theatergruppe entscheidet gemeinsam, wie welche Rollen besetzt werden und kümmert sich um Requisiten und Kostüme. Dass diese eher puristisch-spartanisch sind, ist nicht allein dem knappen Geld geschuldet. Die studentischen Schauspieler möchten mit ihren Inszenierungen die Fantasie ihres Publikums anregen, Bilder im Kopf der Zuschauer anstoßen, sie ihnen nicht vorgeben, zum Nachdenken ermuntern. Sprache, Gestik, Mimik sind ihre Werkzeuge. Und die beherrschen sie ganz ausgezeichnet.


Von Ines Perl 

 

Letzte Änderung: 09.07.2020 - Ansprechpartner: Webmaster