#23: Wie barrierefrei ist die Uni Magdeburg?

Wir wollen eine Uni für alle sein, das schließt auch Menschen mit Behinderung mit ein. Aber gelingt uns das auch? Vor welchen Herausforderungen stehen sie im Arbeitsalltag? Welche Angebote gibt es für sie an unserer Uni, damit sie diese besser meistern? Die Vertrauensperson für Menschen mit Behinderung der Uni, Thomas Ring, spricht gemeinsam mit IT-Mitarbeiter Matthias Scheer in der neuen Ausgabe von „In die Uni reingehört“ über die kleinen und großen Hindernisse im Arbeitsalltag, wie es um die Barrierefreiheit auf dem Unicampus gestellt ist und dass die angebotenen Hilfsmöglichkeiten eine größere Zielgruppe ansprechen, als man denkt.

Heute zu Gast:

Thomas Ring ist seit 1996 Mitarbeiter an der Uni Magdeburg und seit 1999 in der Schwerbehindertenvertretung tätig. Ende 2021 wurde er zur Vertrauensperson für Schwerbehinderte gewählt, welche die Eingliederung schwerbehinderter Menschen im Unternehmen fördert, ihre Interessen vertritt und ihnen beratend und helfend zur Seite steht.

Matthias Scheer hat 2017 seine Ausbildung als Fachinformatiker für Systemintegration an der Uni abgeschlossen. Er ist seitdem als Fachinformatiker am Institut für mobile Systeme tätig und zusammen mit seinen Kolleg*innen für den Aufbau, die Pflege und Wartung der Kommunikationsinfrastruktur innerhalb der Fakultät für Maschinenbau und ihrer Institute zuständig.

English version

We have translated the transcription of the podcast into English for you - you can read the conversation in English here. Unfortunately, the audio file is only available in German.

 

 

Der Podcast zum Nachlesen


Introstimme: In die Uni reingehört. Der Podcast zur Arbeitswelt an der OVGU.

Catherine Birke: Kaffee oder Tee?

Thomas Ring: Kaffee.

Catherine Birke: Herr Scheer, Sie?

Matthias Scheer: Kaffee.

Catherine Birke: Kaffee. Wir sind also alle Team Kaffee. Fantastisch. Ihr liebster Ort an der Uni. Vielleicht Sie, Herr Scheer?

Matthias Scheer: Ja, das ist der Pavillon hier vor Gebäude 18 und Gebäude 10.

Thomas Ring: Bei mir die Cafeteria bzw. die Terrasse am Gebäude 30.

Catherine Birke: Und dann als letztes noch: Drei Worte, die Ihnen einfallen, wenn Sie an die Uni denken. Herr Ring, vielleicht Sie zuerst?

Thomas Ring: Vielfältigkeit, gute Berufsmöglichkeiten und Offenheit.

Matthias Scheer: Hasen, der Campus Tower und die Baracke.

Catherine Birke: Die Hasen, die sehen wir hier öfter mal vorne hoppeln.

Matthias Scheer: Ich habe sie jeden Morgen, wenn ich mit dem Auto komme, hoppeln sie mir vor dem Auto rum. Die begrüßen mich immer schon.

Catherine Birke: Das sind sozusagen unsere Maskottchen hier auf dem Campus.

Matthias Scheer: Genau.

Intro-Stimme:  In die Uni reingehört. Der Podcast zur Arbeitswelt, an der OVGU.

Catherine Birke: Wenn ich morgens zur Arbeit komme, nehme ich natürlich die Treppe, kämpfe mit der Brandschutztür auf dem Flur, wenn ich meine Kaffeetasse und Müslischale zum Büro balanciere und lese fix die Namensschilder an anderen Büros, wenn ich daran vorbeigehe. Alltägliche Dinge, die einem selbstverständlich vorkommen. Wie würde das aber aussehen, wenn man eine Behinderung hätte? Wie ist es um die Inklusion an der Uni bestellt? Vor welchen Herausforderungen stehen Menschen mit Behinderung im Arbeitsalltag und welche Angebote bietet die Uni an, damit sich hier alle wohlfühlen?

Mein Name ist Catherine Birke, ich bin die Volontärin der Pressestelle und spreche heute mit der Vertrauensperson der Schwerbehinderten der Uni, Thomas Ring und IT-Mitarbeiter an der Fakultät für Maschinenbau, Matthias Scheer, darüber, wie es ist, mit einer Behinderung bei uns zu arbeiten und welche Angebote und Hilfsmöglichkeiten die Uni anbietet.

Aus dem privaten Umfeld weiß ich, dass es durchaus schwer sein kann, mit einer Behinderung einen Job zu finden. Wie war das denn bei Ihnen, Herr Scheer?

Matthias Scheer: Das war gar nicht einfach. Am Anfang, nach meiner ersten Ausbildung zur Bürofachkraft, habe ich viele Bewerbungen geschrieben und teilweise hat man null Rückmeldung gekriegt. Und wenn man Rückmeldungen gekriegt hat, dann hieß es: „Vielen Dank für Ihre Bewerbung, aber wir haben für Sie leider keine passende Stelle im Unternehmen.“ Das ging viele Male so und dann habe ich mir überlegt, okay, jetzt lässt du den Hinweis, dass du behindert bist in deiner Bewerbung raus und machst es so. Auf die Bewerbungen wurde ich zum Teil zu Vorstellungsgesprächen eingeladen und ja, dabei ist es meistens aber auch geblieben, weil sich dann herausgestellt hat, dass die Örtlichkeiten entweder nicht behindertengerecht sind oder man hat dann im Nachhinein gesagt: „Ja, tut uns leid, aber es ist nichts Passendes dabei. Wir wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft.“ Ja, und dann, nachdem ich mehrere Maßnahmen gemacht habe vom Arbeitsamt aus, habe ich dann währenddessen hier ein Praktikum an der Uni gemacht, im Rechenzentrum und habe mich dann danach auf die Ausbildung beworben, hier an der Uni, habe die durchgezogen, habe bestanden und wurde dann für ein Jahr übernommen. Und mittlerweile bin ich unbefristet an der Uni angestellt. Von daher habe ich beim zweiten Anlauf Glück gehabt und bin auch ganz glücklich.

Catherine Birke: In den letzten Jahren haben auch einige bauliche Veränderungen hier auf dem Campus stattgefunden, um auch die Barrierefreiheit zu verbessern. Sie hatten das ja schon angedeutet. Herr Scheer, wie problemlos kommen Sie denn zu Ihrem Arbeitsplatz?

Matthias Scheer: Ich komme relativ problemlos zum Arbeitsplatz, da ich mit meinem eigenen Auto komme – wenn es nicht grad kaputt ist, na dann ist es so, dass ich dann das Verständnis von meinen Kollegen habe und dann Homeoffice mache. Und im Winter ist es schwierig. Gerade wenn viel Schnee liegt oder Eis, dann schaffe ich es leider auch nicht. Dann schaffe ich es nicht mal vor die Haustür, aber da sind alle so verständnisvoll und sagen dann mach Homeoffice.

Catherine Birke: Wie kommen Sie denn zu Ihrem Arbeitsplatz? Sie können ja gerne mal in der Zuhörerschaft ein Bild malen und mal ganz kurz beschreiben: Sie setzen sich also in Ihr Auto, fahren zu uns auf den Campus, parken ab und dann?

Thomas Scheer: Dann gehe ich zum Mitteleingang vom Gebäude 10, da ist der Behindertenaufzug. Und dann gehe ich ganz normal zur Stempeluhr, stempele mich ein und dann ins Büro.

Catherine Birke: Was sind denn Ihre größten Herausforderungen im Alltag an der Uni?

Matthias Scheer: Meine größten Herausforderungen im Alltag der Uni: Das sind zum einen zu niedrige Rampen, teilweise schwergängige Türen und teilweise beim Schließen der neuen Schließzylinder. Manche Schlösser lassen sich relativ schwer drehen. Das kriege ich da nicht hin. Da frage ich dann ab und zu einen Kollegen: „Kannst du für mich mal bitte die Tür aufmachen?“ Aber ansonsten ist das eigentlich alles.

Catherine Birke: Könnten Sie das mit den niedrigen Rampen noch ein bisschen ausschmücken oder ein bisschen mehr erklären? Weil ich kann mir darunter jetzt gerade nichts vorstellen.

Matthias Scheer: Gegenüber vom Gebäude 10, die Halle 11/1 müsste da sein, die Rechte von den beiden. Am Vordereingang da ist zwar eine kleine Rampe, aber die Rampe ist zu niedrig, von der Türöffnung her. Da ist noch so ein Absatz von circa, ich würde sagen, sieben bis acht Zentimeter und die kriege ich alleine nicht wirklich überwunden.

Catherine Birke: Also die Schwelle sozusagen ins Gebäude rein, ist noch zu hoch.

Matthias Scheer: Genau, die ist zu hoch.

Catherine Birke: Okay.

Matthias Scheer: Es gibt aber auch Gebäude, da komme ich zum Beispiel gar nicht hin, weil's dort keine Aufzüge gibt und im Gebäude, gibt es nur Treppen. Das wäre jetzt zum Beispiel vom Lehrstuhl für IMS-EMA, da komme ich gar nicht hin. Wenn da irgendwas ist, dann muss ich immer meine Kollegen fragen. Oder auch der Weg ist ziemlich weit. Es gibt keine Parkplatzmöglichkeiten wie drüben am IWF. Das übernehmen dann auch meine Kollegen.

Catherine Birke: Was jetzt in der Zukunft vielleicht noch gemacht wird, da kommen wir ja dann später noch mal drauf zurück. Wir wollen ja eine Uni für alle sein. Dazu zählt ja auch die Inklusion. Im Jahr 2021 wurde eine Inklusionsvereinbarung zur Eingliederung, Ausbildung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderung geschlossen. Warum braucht es denn so etwas?

Thomas Ring: Es ist so, dass zum Beispiel auch bei Bewerbungen von behinderten Menschen, die grundsätzlich eingeladen werden und nicht von vornherein ausgeschlossen werden, wie es ihm vielleicht im Vorfeld schon gegangen ist, dass also auch der Arbeitgeber sich verpflichtet, grundsätzlich Rücksicht zu nehmen auf Menschen mit Behinderung.

Catherine Birke: Was schließt diese Inklusionsvereinbarung alles mit ein? Was kann ich mir darunter vorstellen? Gibt es da bestimmte Maßnahmen, die dann da ergriffen werden, um Menschen mit Behinderung zu integrieren, einzugliedern in den Arbeitsalltag?

Thomas Ring: Ich habe sie mit. Es ist ein mehrseitiges Dokument, das ist jetzt natürlich so einfach nicht zu erzählen. Es ist relativ umfangreich, es geht dort eben um Ausstattung des Arbeitsplatzes, Einstellungsverfahren, Berufungsverfahren, alles ist dort beinhaltet.

Catherine Birke: Herr Ring, können Sie denn auch eine kurze Zusammenfassung davon geben, was alles an der Uni schon an die Barrierefreiheit angepasst wurde? Ich kann mir vorstellen, dass das Menschen, die darauf nicht angewiesen sind, eher weniger auffällt.

Thomas Ring: Das kann ich machen. Diese Barrierefreiheit ist ein stetiger Prozess, der ja hier bei uns an der Uni mit jeder Baumaßnahme berücksichtigt werden muss. Dafür gibt es direkt von Dezernat K4 Anweisungen. Es gibt direkte Vorschriften, wie was zu sein hat bei zukünftigen bzw. momentanen Baumaßnahmen. Zu sehen ist das momentan ganz nagelneu an Gebäude 23, was für ihn auch ein großes Problem ist, da es dort in dem Gebäude ja erst mal eine Treppe von sieben acht Stufen gibt. Den Zugang überhaupt ins Gebäude rein. Da wird jetzt momentan ein Behindertenaufzug eingebaut, der allerdings, es ist natürlich alles auch eine Preisfrage, nur ins Erdgeschoss erst mal vorgesehen ist. Wie es dann perspektiv weitergeht, kann ich jetzt momentan nicht sagen. Dafür gibt es aber Pläne.
Es gibt ja auch zukünftige Baumaßnahmen. Es gibt einen Plan momentan, wie der gesamte Campus mal in Zukunft aussehen soll. Das ist aber erst alles in der Planung, noch nicht in dem konkreten Vorhaben. Ansonsten wir sind bestrebt, sämtliche Gebäude auf irgendeine Art und Weise barrierefreien Zugang zu ermöglichen. Es gibt natürlich immer noch Gebäude, die gar keinen barrierefreien Zugang haben. Ich denke da an Gebäude 14 und 15. Oder Gebäude, die nur teilweise barrierefrei zugänglich sind, wie zum Beispiel das ICOM Gebäude, Gebäude 13, aber da ist es aufgrund der Spezifikationen, die dort sind meines Erachtens auch nicht notwendig, dass das komplette Gebäude barrierefrei gemacht werden muss, weil in bestimmten Bereichen, muss man wirklich sagen, können Menschen im Rollstuhl wahrscheinlich nicht arbeiten, wenn sie da Schaltschränke oder ähnliche Anlagen kriegen müssten. Deswegen ist meine Meinung, dass man da auch Abstriche machen könnte. Ansonsten sind wir bestrebt, für jedes Gebäude einen barrierefreien Zugang zu machen. Gute Beispiele…

Matthias Scheer: IFQ würde ich sagen.

Thomas Ring: Ja, Gebäude zwölf ist eines der letzten, was gemacht worden ist. Da ist eine Rampe eingebaut wurden, dass Rollstuhlfahrer über eine Rampe ins Gebäude reinkommen. Und im Gebäude ist ja ein Aufzug neu installiert worden. Gebäude 6 vorne, wo die Personalverwaltung K3 ist, das ist auch alles über einen Rollstuhl barrierefrei zu erreichen. Im Objekt gibt es selber dann natürlich wieder Probleme. Es gibt zwischen den Tür Schwellen, die für einen Rollstuhlfahrer natürlich schwer zu überwinden sind. Aber es ist bei vielen Gebäuden, wie im Gebäude 6 als Beispiel, auch mit Denkmalschutz und immensen Kosten verbunden, das alles komplett umbauen zu wollen/zu können.

Matthias Scheer: Kosten und Nutzen, das muss im Rahmen stehen. Ganz klar.

Thomas Ring: Und wenn es jetzt eine Generalsanierung vom gesamten Gebäude ist, lässt sich das eher umsetzen, als wenn man jetzt immer nur Teilbereiche macht.

Catherine Birke: Ja, es gibt ja auch Menschen, die auf das Taktile angewiesen sind bzw. auch aufgrund anderer körperlicher Einschränkungen nicht unbedingt auf den Rollstuhl angewiesen sind, aber Brandschutztüren zum Beispiel schlecht öffnen können. Wie würde das da aussehen?

Thomas Ring: Wir haben also wieder über K4, muss ich dazu sagen, ein sogenanntes Blindenleitsystem. Da gibt es eine Dienstanweisung, wie was auszusehen hat. Das fängt an mit den Fußwegen, dass die für Menschen mit Sehbeeinträchtigung zum Beispiel diese farbliche Gestaltung haben. Man kann das sehr gut erkennen hier zum Beispiel an dem Fußweg vor Gebäude 22, dass eben diese unterschiedlichen Farben grau, dieses Rötliche als auch dann diese von der Straßenbahnhaltestelle ins Gebäude 25, ins Gebäude 28 rein, dass dort diese Platten verlegt worden sind, die diese Riefen drin haben, die sind sehr hell, kontrastreicher und ein farblicher Unterschied zu den danebenliegenden Platten als auch taktil ertastbar. Das da eben die Riefen sind hier an der Haltestelle der Straßenbahn, hier muss ich stehen, damit ich genau vor der Tür der Straßenbahn stehe. Die Straßenbahnen halten dann auch in der Regel so an. Das Nächste, eben die taktile Erkennung an den Handläufen, das ist nicht in allen Gebäuden umgesetzt, kann auch nicht umgesetzt werden, wo es noch alt ist, da ist es so, aber bei den neueren Gebäuden als auch bei sanierten Gebäuden ist das in der Regel schon angebracht, dass man an den Handläufen ertasten kann, in welcher Etage man ist, für Menschen mit Sehbeeinträchtigung.
Und das geht dann weiter: Wie ist die farbliche Gestaltung der Türzargen, Türen, farbliche Gestaltung dieser Schilder für die Raumbezeichnung. Ist die farblich? Ist das kontrastreich genug? Es müsste normalerweise laut Festlegung sogar noch taktil, also in dieser Brailleschrift zu lesen sein auf diesen Schildern. Das ist auch noch nicht überall umgesetzt. Des Weiteren geht es um die Wege, die Treppenstufen, dass es dann eben eine farbliche Gestaltung der ersten und der letzten Stufe Minimum gibt, dass man das als Sehbehinderter sieht. Wo ist die Stufe zu Ende? Die Fußwege sollten farblich unterschiedlich sein, kontrastreich unterschiedlich sein. Das schwierigste Thema, jetzt die Türen. Es ist natürlich so, es gibt sehr, sehr viele verschiedene Systeme von Brandschutztüren; welche die permanent offenstehen, welche, die über einen Taster zu öffnen sind und welche, die mit Hand geöffnet werden müssen. Ich denke jetzt hier zum Beispiel nur die Etage hinten um die Ecke rum. Es betrifft hier das gesamte Gebäude. Diese Türen sind sehr, sehr schwer mit der Hand zu öffnen, wenn ich gerade an seine Situation denke. Es fällt einem als normalen Menschen schon relativ schwer, so eine Tür zu öffnen. Und wenn man dann noch, ich sage jetzt mal auf einem beweglichen Stuhl sitzt und eine schwere Tür, dann rollt der Stuhl eher weg, als dass die Tür aufgeht.

Matthias Scheer: Ja, kann ich so bestätigen. Teilweise in Gebäude 10, wenn manchmal die Brandschutztüren zu gehen, stehe ich dann auch mal da und ziehe an der Tür, bis ich sie dann irgendwann offen habe. Aber das ist zum Glück relativ selten.

Thomas Ring: Also hier sind auch wieder verschiedene Systeme, die hier fallen zum Beispiel zu über einen Rauchmelder, wenn Rauch entsteht. Und die anderen, die sind permanent zu und die muss man eben jedes Mal öffnen, wenn man durchgeht. Da hilft es auch nicht, wenn man die mit irgendwelchen Hilfsmitteln blockiert. Dann verstößt man natürlich gegen die Brandschutzvorschriften oder gegen die Sicherheit.

Catherine Birke: Aber da kann ich sagen, das geht auch mir so, weil wir ja hier um die Ecke diese Brandschutztür haben. Wenn ich zum Beispiel aus der Kaffeeküche komme, habe in der einen Hand meinen Kaffee und in der anderen versuche ich meine Müslischale zu balancieren. Diese Türen sind einfach unfassbar schwer und da kann ich mir das auch natürlich vorstellen, Herr Scheer, dass Sie dann natürlich auch Probleme haben und mit dieser Tür kämpfen und dass das natürlich auch zu einem Hindernis werden kann.

Thomas Ring: Wobei ich zu diesen Türen noch dazu sagen kann, es existiert ein Bauantrag zum Umbau der Türen auf ein System, was zulässig ist, sei es jetzt mit Taster zu öffnen oder dass sie permanent offenstehen. Das denke ich mal, das muss geprüft werden.

Catherine Birke: Herr Ring, wir hatten ja vor unserem Podcast hier schon mal ganz kurz gesprochen und da haben Sie den Euroschlüssel erwähnt. Ein europaweites, einheitliches Schließsystem für behindertengerechte Anlagen. Wer bekommt denn so einen Euroschlüssel und was kann man damit alles bei uns an der Uni öffnen?

Thomas Ring: Also diesen Euroschlüssel erhalten Menschen mit einem bestimmten Grad der Behinderung, die grundsätzlich ein Zeichen wie gehbehindert, außergewöhnlich gehbehindert wie Rollstuhlfahrer oder ähnliches haben. Aber auch Menschen, die eine bestimmte Sehbeeinträchtigung haben oder auch andere Krankheiten wie Multiple Sklerose oder so ähnlich, die haben alle ein Recht auf diesen Schlüssel. Und mit diesem Schlüssel, das heißt umgangssprachlich Euroschlüssel, ist ein System, dass man europaweit mittlerweile in jedes behinderten WC mit diesem Schlüssel kommt, sei es hier in Deutschland auf Autobahnen, Bahnhöfen, sonst irgendwas. Ich könnte genauso in die Schweiz, nach Österreich, nach Frankreich fahren und kann mit diesem Schlüssel die entsprechenden Behinderten-WCs öffnen. Dass also jeder da den entsprechenden Platz die Möglichkeit hat, die Zugänglichkeit hat, die Toilette entsprechend zu nutzen.

Catherine Birke: Herr Scheer, haben Sie auch so ein Schlüssel?

Matthias Scheer: Ich habe auch so einen Schlüssel.

Catherine Birke: Wie oft kommt der bei Ihnen so zum Einsatz?

Matthias Scheer: Täglich.

Catherine Birke: Alleine schon, um zur Arbeit zu kommen und um in Ihr Büro zu kommen?

Matthias Scheer:  Nein, da habe ich eine ganz normale Pille, so eine Transponderpille. Nein, ich benutze ihn in der Regel für die Behindertentoiletten.

Thomas Ring: Und Aufzüge.

Matthias Scheer: Und für die Aufzüge, genau. Hier vor Gebäude 18 und zum Beispiel auch Gebäude 40 und Gebäude 5 vorne. Damit kann man die Aufzüge bedienen.

Catherine Birke: Wir haben nämlich vorhin auch ganz kurz vor dem Podcast den Aufzug bei uns hier vor G 18 noch mal getestet, weil letzte Woche da tatsächlich ein Schild hing: „Außer Betrieb“. Und ich fast einen kleinen Herzinfarkt bekommen habe. Aber er funktioniert jetzt wieder, Gott sei Dank.

Schwerbehinderte Beschäftigte können bei der Schwerbehindertenvertretung Maßnahmen beantragen, die ihnen dienen zum Beispiel zur beruflichen Wiedereingliederung oder zur Gesundheitserhaltung. Haben Sie denn so ein Angebot schon mal in Anspruch genommen, Herr Scheer?

Matthias Scheer: Also ein Angebot zur Wiedereingliederung oder zur Gesundheitsförderung habe ich selbst noch nicht in Anspruch genommen, weil ich für mich sage, ist momentan nicht notwendig. Das Einzige, was ich damals gemacht habe, ist, bei der Arbeitsplatzbegehung und -besprechung habe ich, gesagt, ich bräuchte zum Telefonieren am besten ein Headset. Mit einem Arm den Hörer halten und gleichzeitig Notizen machen, ist halt ein bisschen schwierig. Ja, und das hat man damals aufgenommen und innerhalb von zwei Tagen hatte ich dann ein Headset und ein passendes Telefon und das war ganz unbürokratisch. Ich muss nichts weiter ausfüllen. Also top.

Catherine Birke: Das ist fantastisch, weil da hätte ich nämlich gefragt, ob das jetzt bürokratische Hürden mit sich bringt und ob auch die Angebote, die wir hier an der Uni anbieten, ob die sichtbar genug sind.

Matthias Scheer: Die Sichtbarkeit meines Erachtens ist immer ein bisschen schwierig, weil das ist ja für jeden Einzelnen und individuell immer anders und es muss individuell geguckt werden. Was braucht derjenige? Und da ein allgemeines Angebot zu machen, ist nicht möglich.

Catherine Birke: Herr Ring, wollen Sie da vielleicht noch was zu ergänzen?

Thomas Ring: Ja, ich muss dazu sagen, es ist sicherlich immer erforderlich, eine entsprechende Arbeitsplatzbesichtigung bei den entsprechenden Personen dann durchzuführen. Und die wird ja dann unter den Teilnehmern wie Betriebsärztin oder Personalrat, gegebenenfalls Schwerbehindertenvertretung als auch unser Bereich wieder von K4, K43 die Arbeitssicherheit, wo dann entsprechend der Arbeitsplatz aufgenommen wird: Wie, in welchem Zustand ist der Schreibtischstuhl, Beleuchtung, PC, Arbeitsplatz, welche Möglichkeiten hat man, was ist notwendig und bei Menschen mit Behinderung oder Beeinträchtigung besteht dann die Möglichkeit, dass über das Integrationsamt ein Antrag gestellt wird für eine bestimmte entsprechende Ausstattung oder zusätzliche, damit der Arbeitnehmer das dann entsprechend einfacher hat, dass er seine Leistung erbringen kann. Ja, und darüber funktioniert das und dann gibt es entsprechende Zuschüsse vom Amt. Es wird in der Regel immer nur ein Zuschuss sein, niemals komplett; also ein Teil trägt die Universität selber und bekommt dann aber ein Zuschuss für eine bestimmte Büroausstattung oder Erleichterung, sei es jetzt Software, Tastatur oder wie bei ihm ein Headset oder sonst irgendwas.

Matthias Scheer: Genau. Ansonsten bin ich da pflegeleicht. Ich habe einen Standardtisch, ich habe eine Standardtastatur, ich habe eine Standardmaus, damit komme ich am besten klar. Wie gesagt, ich habe nur dieses Headset und das reicht mir momentan.

Catherine Birke: Also sehr anspruchslos.

Matthias Scheer: Genau. Und ich versuche erst mal mit dem klarzukommen, was ich habe. Und wenn es dann nicht passt, ja dann kann ich ja immer noch was sagen. Und so wie es momentan ist, passt es aber und von daher alles gut.

Catherine Birke: Herr Ring, Sie sind ja bei uns die Vertrauensperson für die Behinderten. Wer kann sich denn alles an Sie wenden?

Thomas Ring: Grundsätzlich kann sich jeder Mensch oder jeder Mitarbeiter, jede Mitarbeiterin an mich wenden, wenn es um irgendwelche Fragen geht, die in diese Richtung vielleicht tendieren. Ja, ansonsten bin ich ähnlich wie der Personalrat. Könnte ich auch jegliche Frage, was im Arbeitsrecht oder sonst irgendwas ist, erst mal aufnehmen und dann versuchen irgendwo eine Klärung zu nehmen. Deswegen bin ich grundsätzlich auch für jeden anderen Mitarbeiter, könnte ich Ansprechpartner sein, wenn sie das möchten.

Catherine Birke: Und welche Angebote gibt es denn bei uns, die Ihrer Meinung nach noch zu wenig genutzt werden? Was Ihren Arbeitsbereich betrifft.

Thomas Ring: Was in meinem Arbeitsbereich zu wenig genutzt wird... Die Universität bietet viel an, was vorhin auch schon gesagt wurde, das betriebliche Wiedereingliederungsmanagement. Das ist natürlich nicht die Schwerbehindertenvertretung, das wird durch den Arbeitgeber organisiert. Wir können nur eine Zuarbeit machen oder mit unterstützen. Und es gibt ja verschiedene andere Sachen, die durch den Arbeitgeber angeboten werden, sei es jetzt Betriebssport oder Massagen und alles Mögliche. Ich kann jetzt natürlich über die Auslastung nicht konkret genug sagen, ob das vielleicht mehr angenommen werden könnte oder so.

Catherine Birke: Aber wir haben auf jeden Fall sehr, sehr viele Angebote, die die Mitarbeitenden ja auch nutzen können. Und da sind Sie dann ja auch der Ansprechpartner, wenn es etwas geben könnte, dass man sich dann auch informiert.

Thomas Ring: Informieren ja, ich könnte das dann auch an die entsprechenden Personen weiterleiten oder Kontakt herstellen.

Catherine Birke: Lassen Sie uns dann noch mal zum Schluss einen Blick in die Zukunft werfen. Was muss denn noch alles getan werden, um eine Uni für alle zu werden?

Matthias Scheer:  Ja, man sollte von vornherein vielleicht gerade Menschen mit Behinderung ein bisschen mehr zutrauen und nicht von vornherein sagen: „Das kann der bestimmt nicht.“ Sondern erst mal machen lassen und dann sieht man ja, ob es klappt oder nicht. Und ja, generell die Kommunikation so: „Du bist willkommen, du bist einer von uns“, die sollte mehr im Vordergrund stehen und sollte auch mehr verbreitet werden.

Catherine Birke: Herr Ring, Sie?

Thomas Ring: Ich sehe auch zukünftig, dass der barrierefreie Campus, vielleicht in Zukunft die Gestaltung wirklich sehr, sehr wichtig ist. Ich denke jetzt zum Beispiel nur an hohe Bordsteinkanten, wo ein Rollstuhlfahrer nicht rüberkommt. Ja, wir haben in vielen Fällen die abgesenkten Bordsteine schon, zum Beispiel Gebäude 10, wo sie immer drüberfahren. Wir haben, kenne ich aus eigener Erfahrung, weil ich das organisiert hatte, auch zum Beispiel am Gebäude 5 einen abgesenkten Bordstein, wo dieser kleine Aufzug für die fünf Stufen eingebaut worden ist. Beziehungsweise bei neueren Baumaßnahmen wird das immer gleich mitberücksichtigt oder sollte es gleich mitberücksichtigt werden. Aber es gibt immer was zu tun. Es ist ein fortlaufender Prozess und gerade bei vielen unserer alten Gebäude ist das natürlich nicht unbedingt immer sehr einfach, das umzusetzen. Aber das darf eben nie aus dem Gesichtsfeld fallen. Man muss das eben auch in Zukunft immer, immer, immer mitberücksichtigen.

Catherine Birke: Damit man sozusagen ja dann auch alle einschließen kann. Sollte man dann auch alle fragen, was man besser machen kann.

Thomas Ring: Und da ist natürlich dann auch eine Information auf kurzen Weg, vielleicht immer auch recht günstig.

Matthias Scheer: Kopfsteinpflaster zum Beispiel auch so eine Sache.

Thomas Ring:  Ja, viele bewundern das Kopfsteinpflaster: „Ach, so schön alt und das sieht wunderbar aus.“ Aber für einen Rollstuhlfahrer ist das nichts. Großes Problem.

Matthias Scheer: Ab und zu geht das auch mal schief.

Catherine Birke: Das geht auch mal schief?

Matthias Scheer: Es kann schiefgehen, wenn die Räder einen ganz schlechten Winkel haben. Man trifft die Steine zum Beispiel genau in den Fugen und fährt über die Steine so drüber. Kann sein, dass die Räder sich verkannten und dann macht man einen Satz nach vorne.

Catherine Birke: Ist Ihnen das schon mal passiert, wenn Sie das so erzählen?

Matthias Scheer: Ja. Und ich bin leider auch schon in den Schienen hängen geblieben und habe einen Satz nach vorne gemacht.

Catherine Birke: Ich hoffe, Ihnen ist dabei nicht wirklich ganz doll etwas passiert?

Matthias Scheer: Es ging, aber Kopfsteinpflaster ist für Rollstühle oder auch Rollatoren gar nichts.

Catherine Birke: Dann danke ich Ihnen beiden für das Gespräch. Es war sehr schön, noch mal auch neue Denkansätze zu bekommen und unsere Uni auch noch mal vielleicht mit ganz anderen Augen zu sehen. Also ich kann Ihnen versichern, dass wenn ich jetzt über den Campus gehe, da ganz anders drauf achten werde, ob das für alle auf dem Unicampus auch geeignet ist. Ich danke Ihnen.

Matthias Scheer: Ebenso. Danke.

Thomas Ring: Danke.

Outro-Stimme: In die Uni reingehört. Der Podcast zur Arbeitswelt, an der OVGU.

 

Letzte Änderung: 22.01.2024 - Ansprechpartner: Webmaster