#17: Warum die Psychosoziale Studierendenberatung auch für Mitarbeitende sinnvoll ist

So unglaublich es auch klingt, mittlerweile leben wir schon zwei Jahre in einer Pandemie, mit allem was dazu gehört: Homeschooling und Homeoffice, Kontaktbeschränkungen, Onlinesemester, aber eben auch die zunehmende psychische Belastung. Und natürlich sind die sonstigen Probleme nicht plötzlich verschwunden: Stress und Druck bei der Arbeit, Prüfungsphasen, Streit mit Familie, Freunden oder dem Partner oder der Partnerin – das alles kann einem schon mal über den Kopf wachsen. Sich Hilfe zu suchen, ist da genau richtig! Zum Beispiel der bei der Psychosozialen Studierendenberatung vom Studentenwerk. Die Leiterin Mareen Eisenblätter spricht in der neuen Ausgabe von „In die Uni reingehört“ über ihre Arbeit, die Angebote der Beratungsstelle und darüber, warum die PSB nicht nur für Studierende sondern auch für Mitarbeitende sinnvoll ist.

Heute zu Gast

Mareen Eisenblätter ist seit April 2020 die Leiterin der Psychosozialen Studierendenberatung Magdeburg, die Teil des Studentenwerks ist. Frau Eisenblätter ist Diplompsychologin und hat auch selbst an der Uni Magdeburg studiert. Im Moment leitet sie ein dreiköpfiges Team, mit dem sie sowohl Mitarbeitende als auch Studierende in Einzelgesprächen betreut. Außerdem bieten sie Workshops, sowie drei Selbsthilfegruppen zu unterschiedlichen Themen an.

 

 

Der Podcast zum Nachlesen


Introstimme:
 In die Uni reingehört. Der Podcast zur Arbeitswelt an der OVGU!

Lisa Baaske: Man traut es sich kaum zu sagen, aber mittlerweile leben wir schon zwei Jahre in einer Pandemie mit Kontaktbeschränkungen, Homeoffice und Homeschooling, Online-Semestern und allem was dazugehört - eben auch die zunehmende psychische Belastung. Und all die sonstigen Probleme sind auch nicht weniger geworden: Stress und Druck bei der Arbeit, Prüfungsphasen, Streit mit Familie, Freunden oder dem Partner oder der Partnerin, das alles kann einem schon mal über den Kopf wachsen. Sich Hilfe suchen, wenn man mal nicht weiter weiß, ist dabei aber genau das Richtige. Und die bekommt man zum Beispiel von der Psychosozialen Studierendenberatung des Studentenwerks, die, auch wenn der Name es vermuten lässt, eben nicht nur für Studierende, sondern auch für Mitarbeitende da ist. Die Leiterin der Beratungsstelle, Mareen Eisenblätter, ist heute unser Gast und sitzt mir gegenüber. Mein Name ist Lisa Baaske, ich bin die Volontären der Pressestelle. Und heute sprechen wir einmal über ihre Arbeit, die Angebote der PSB und die Herausforderung ihres Jobs. Herzlich willkommen!

Mareen Eisenblätter: Hallo!

Lisa Baaske: Frau Eisenblätter, der Weg für Sie in unser Studio war auf jeden Fall nicht sonderlich weit, denn Sie arbeiten auch im Gebäude 18. Aber was genau macht denn die Psychosoziale Studierendenberatung?

Mareen Eisenblätter: Wir machen ganz viel Beratung, in erster Linie so zu 70/80%. Das heißt Einzelsettings. Und auf der anderen Seite bieten wir auch ganz viele Kurse an und Workshops, Weiterbildungen auch für Mitarbeitende oder eben Stressbewältigungskurse. Unsere Arbeit ist sehr, sehr bunt und vielseitig und wir haben auch drei Selbsthilfegruppen.

Lisa Baaske: Okay, Sie sind ja Diplom-Psychologin. Wie sich das gehört, haben Sie an der OVGU studiert. Wie ist es denn jetzt, aus dieser Berufsperspektive so nah an der ehemaligen Alma Mater zu arbeiten?

Mareen Eisenblätter: Ach, ganz herrlich, ich habe es vermisst. Das könnte man sagen, als ich wieder gekommen bin. Und ich profitiere davon, dass ich die Strukturen als Studentin ganz gut kennengelernt habe und freue mich auch sehr oft noch in bekannte Gesichter zu gucken, die auch zu meiner Zeit schon, die etwas her ist, immer noch da sind und auch als helfende Systeme unterwegs sind.

Lisa Baaske: Hilft es Ihnen denn, dass Sie schon irgendwie Kontakte haben in die Uni rein?

Mareen Eisenblätter: Auf jeden Fall, weil tatsächlich dadurch wahrscheinlich auch die Hürde kleiner ist, mal anzurufen und zu sagen: „Ich habe da eine Herausforderung, könnte ich mal Unterstützung bekommen“ von Leuten, die mich eben schon noch von früher kennen oder jetzt auch gut kennengelernt haben. Es ist halt einfach leichter, wenn man weiß, wen man da anruft.

Lisa Baaske: Ja, das glaube ich auf jeden Fall. Wie eingangs schon gesagt, auch wenn man es irgendwie vom Namen her erstmal vermutet, sie sind eben nicht nur für Studierende da. Wer kann sich denn alles bei Ihnen melden?

Mareen Eisenblätter:Also in erster Linie natürlich alle Studierenden unserer Hochschule Magdeburg-Stendal und der OVGU und auch der Hochschule Harz. Dafür haben wir aber auch tatsächlich Honorarleute, die uns unterstützen. Und dann auch alle mitarbeitenden Personen und auch die, die so dazwischen sind wie Promotionsstudierende. Das heißt: Die auf der einen Seite entweder angestellt oder immatrikuliert sind, die dürfen sich alle an uns wenden.

Lisa Baaske: Okay, dann haben Sie aber auch eine sehr breite Masse, die Sie quasi abarbeiten müssen.

Mareen Eisenblätter: Ja, auf jeden Fall. Aber das macht auch den Spaß an der ganzen Arbeit aus. Und wir beraten mit Herz und Seele. Wir freuen uns über jeden, der kommt und über jedes Anliegen, tatsächlich.

Lisa Baaske: Ja, das ist tatsächlich auch die zweite Frage, also die nächste Frage schon gewesen. Mit welchen Problemen könnte ich mich denn an Sie wenden?

Mareen Eisenblätter: Ach, eigentlich mit Allem. Es gibt keine Herausforderung, die zu klein oder zu groß oder ein Thema, was zu klein oder zu groß ist und eventuell nicht besprochen werden kann. Das heißt, auf der einen Seite kommen natürlich unsere Studierenden mit Prüfungsthemen, mit Uniorganisation, mit Abschlussarbeiten, aber auch Liebeskummer. Und Mitarbeitende dürfen auch mit jedem Thema kommen, auch wenn es darum geht, im Team unterwegs zu sein, da vielleicht ein paar Herausforderungen zu haben. Aber auch wenn es private Herausforderungen sind, die man bewältigen muss. Wie kriegt man zum Beispiel Familie und Arbeiten und Homeschooling und das alles unter einen Hut? Dann dürfte man auch zu uns kommen. Also wir sagen nicht, das Thema muss unbedingt unibezogen sein, sondern Hauptsache es hat einen Bezug zu dem Menschen, der zu uns kommt.

Lisa Baaske: Ich habe gesehen, dass Sie auch spezielle Sprechzeiten haben. Wie beraten Sie dann eigentlich und muss sich dann zwingend bei Ihnen vorbeikommen?

Mareen Eisenblätter: Also überhaupt nicht. Einfach aus dem Grund, weil aktuell, wissen wir alle, dass eine Pandemie herrscht. Persönliche Sprechzeiten, die haben wir jetzt gerade zurückgestellt. Bei uns ist es so, dass man uns in den Sprechzeiten, per Telefon oder die Chatfunktion über die Studentenwerksseite, weiter erreicht. Oder man schreibt uns einfach eine E-Mail und dann bekommt man nämlich genau diese Frage, ob es in Präsenz… Wo derjenige studiert, wo derjenige arbeitet, an welchem Standort, wie er zeitlich eingebunden ist und ob er persönlich oder online möchte. Und wir bieten auch Telefon-Beratung an. Das wählen aber die Wenigsten, weil es doch ein bisschen charmanter ist, die Video-Beratung zu nehmen. Aber wir arbeiten da auch nicht mit Zoom, sondern mit Medical und dann bekommt man einen Link, das ist eine sehr datengeschützte Software und da klickt man einfach drauf und dann kann man in unsere Gesichter gucken oder man sagt man möchte in Präsenz. Dann müssen wir uns ein Beratungsraum suchen. Und da pendeln wir gerade zwischen Gebäude 18 und dem Studentenwerk, weil wir auch dort im Campus Theater wegen der Corona Pandemie mittlerweile ein Beratungsraum haben.

Lisa Baaske: Im Theater - auch nicht schlecht. Was ich mich jetzt aber gefragt habe: Ich habe das Gefühl so meine Generation und dann die Jüngeren, ist da nicht gerade Chat irgendwie beliebter, wenn man das Gefühl hat, man muss die Person nicht sehen, kann aber anonym dann das Problem erläutern?

Mareen Eisenblätter: Haben wir auch gedacht, aber ich glaube es ist eine ziemlich große Herausforderung, wie ich das weiß, nur eine Informationsebene habe, nämlich den Text. Und viele Studierenden oder Mitarbeitende können ihr Anliegen noch nicht konkretisieren. Die wissen, dass irgendwas ansteht, aber die brauchen erstmal einen Termin mit uns, um rauszufinden: „Woran möchte ich eigentlich mit euch arbeiten in der Beratung?“, weil wir eben auch begrenzt Zeit haben.

Lisa Baaske: Ja, verstehe ich absolut. Ok, interessant, hätte ich gar nicht gedacht. Geben Sie mir mal so einen Überblick. Also gibt es so spezielle Angebote für Mitarbeitende oder Angebote für Studierende? Oder sind einfach alle Angebote für alle da?

Mareen Eisenblätter: Also so die Beratungen sind für alle da, einzeln. Man kann auch jemanden mitbringen, also wir würden auch mehrere Leute zusammen beraten. Dann die Kurse, die bei uns auf der Homepage stehen vom Studentenwerk sind vorrangig die für die Studierenden. Aber wir bieten übers Gesundheitsmanagement tatsächlich auch immer spezielle Kurse an für mitarbeitende Personen, wie zum Beispiel: „Liebevoll abgrenzen“, „Stressbewältigung“, „Kommunikation mit herausfordernden Menschen in emotionalen Ausnahmezuständen“ war auch sehr beliebt und wir arbeiten da sehr engmaschig mit dem Gesundheitsmanagement zusammen, dass sie uns sagen, was sie sich wünschen. Aber wir würden auch, zum Beispiel wenn Mitarbeitende sagen: „Wir können das in unserer Fakultät gut gebrauchen, könnt ihr uns mal einen kleinen Kurs anbieten?“ Kommen wir dann auch ins Haus. Das ist gar kein Problem.

Lisa Baaske: Und Sie haben auch gesagt, es gibt drei Selbsthilfegruppen. Zu welchen Themen dann?

Mareen Eisenblätter: Die eine ist eine Gesprächsgruppe, die nennt sich „International Circle“. Unser englisches Angebot ist an sich einfach eine Gesprächsgruppe, so einen Kulturschock, ankommen in Magdeburg, vielleicht noch wenig Kontakte haben, ein bisschen in der Stimmung gedrückt sein. Darum geht es. Das macht die Frau Nossack. Dann haben wir seit 20 Jahren, die haben wir auch übernommen, eine Selbsthilfegruppe „Studierende mit Herausforderungen“, die nennt sich liebevoll „die Mittwochs-Gruppe“, die leitet Herr Smudo. Das ist halt für Studierende, die schon viel, viel Erfahrung im psychischen Sektor haben, also mit Beratungsangeboten, Therapien und so weiter, die sich treffen. Und die neue Gruppe, die wir jetzt gerade gründen wollen, wird eine Gruppe zum Thema „Transgender“. Die soll auch auf bilingual, auf Deutsch und auf Englisch stattfinden. Das heißt, wir versuchen da ein bisschen Denglisch zu reden. Wir möchten... geplant ist, dass wir sie einmal im Monat für die, die es direkt betrifft, die da zum Thema sich austauschen wollen. Und das zweite Mal dürfen dann auch Lebensabschnittsverschönerungs-Elemente, also Eltern, Freunde, Kolleg*innen kommen. Also das ganze soziale Umfeld darf an dem zweiten Termin mitkommen und da soll es um den Austausch dazu gehen, wie die Leute gut ankommen.

Lisa Baaske: Können Sie dann immer helfen oder gibt es auch so Themen oder Probleme, wo Sie sagen, da liegen jetzt irgendwie die Grenzen der Möglichkeiten, die Sie haben

Mareen Eisenblätter: Die Grenze ist alles, was Therapie betrifft. Wir haben zwar alle eine Therapieausbildung oder sind dabei. Es geht einfach darum, was wenn es klinisch ist oder wenn es in die Richtung geht: „Ich brauche eine Therapie und keine Beratung“, dann vermitteln wir weiter. Wir unterstützen, aber wir können auch nicht zaubern. Das heißt, wir können helfen zu sagen, wo man vielleicht jetzt gerade eine kürzere Wartezeit hat. Wir begleiten auch, bis jemand dann in Therapie ist, aber wir können eben eine Therapie von der Krankenkasse nicht ersetzen. Das ist auch nicht unsere Aufgabe und deshalb arbeiten wir auch so vorrangig präventiv. Wenn jemand dazu Fragen hat, beantworten wir die natürlich auch.

Lisa Baaske: Also es ist schon eine klare Abgrenzung zwischen Beratung und dann eben auf der anderen Seite eine Therapie, die dann und dann wirklich zu einem Psychologen gehen sollte. Quasi also sie sind ja auch Psychologen, aber...

Mareen Eisenblätter:… oder einen Psychiater. Und wir erklären auch den Unterschied, damit man weiß, wo man hin muss, was und wie das hier alles im System funktioniert und vermitteln dann ganz oft.

Lisa Baaske: Man liest ja in letzter Zeit in den Zeitungen wieder vermehrt von der hohen psychischen Belastung bei Studierenden durch die Pandemie. Haben Sie denn Tipps für unsere Dozierenden? Wie sollten sie sich verhalten, wenn sie erkennen, dass einer ihrer Studierenden Probleme hat? Wie kann man das überhaupt erkennen und wie sollten sie damit umgehen?

Mareen Eisenblätter: Also wichtig ist, aufs Bauchgefühl zu hören für die Mitarbeitenden. Das heißt, wenn Sie denken, da ist was im Argen, Studierende sich einfach nach einer Vorlesung mal dazu zu holen, in einem Seminar oder zu sagen, ob derjenige nicht mal in die Sprechzeit kommen möchte oder so und dann einfach vielleicht ansprechen und den Flyer von uns in die Hand drücken. Oder eben im Vorfeld kann man sich bei uns auch coachen lassen. Also wir haben auch Mitarbeitende, die wissen „Ich muss die Bombe platzen lassen“ oder "Ich weiß, das ist jetzt gerade super schwer wird und ich muss dem Studierenden vielleicht eine nicht so schöne Nachricht überbringen“ - da kann man uns auch vorher kontaktieren und wir können mit denen das auch gut durchsprechen und können dann auch gleich sagen: „Ja, der kann dann auch gleich danach zu uns kommen“. Also dann blocken wir auch so Krisentermine. Wenn es dann wirklich mal ganz schlimme Nachrichten sind, die man kriegt, wie dass er durch eine Prüfung gefallen ist oder durch eine Abschlussarbeit, dann kann man sich bei uns coachen lassen. Sonst eigentlich, wirklich offen und ehrlich auf denjenigen zugehen und sagen: „Ich mache mir Sorgen“. Da kann man nichts gegen sagen und sagen, es gibt Beratungsangebote und es gibt ja auch die helfenden Hände. Wir müssen ja nicht die einzigen sein, aber auf jeden Fall nicht drüber hinwegsehen, sondern einfach mal mit offenen Augen durchs Leben gehen. Und als Tipp, woran merkt man es: Wenn Interesse im Seminar auf einmal flöten geht oder jemand nicht mehr auftaucht. Dann mal nachfragen, dann zu gucken, wo man unterstützen kann. Man kann denen eben Hilfe und Tipps geben, aber wenn derjenige das nicht möchte, dann möchte er das nicht. Da muss man es auch einfach akzeptieren. Dann darf man auch nicht penetrant hinterher sein.

Lisa Baaske: Okay, das ist vielleicht ein guter Tipp. Es ist ja immer so, man muss es selber wollen, ansonsten funktioniert gar nichts. Sie sind ja jetzt seit April 2020 bei der PSB Magdeburg. Können Sie denn ein Fazit bis jetzt schon mal ziehen? Was war bis jetzt die größte Herausforderung an ihrem Job? Ich denke mal, die Pandemie spielt schon eine Rolle, auch? (lacht)

Mareen Eisenblätter: Ach ja, und Englisch. (lacht)

Lisa Baaske: Okay. (lacht)

Mareen Eisenblätter: Also mein Englisch-Level ist viel besser geworden, ohne Sprachkurs. Also die Situation der internationalen Studierenden, die es hat sich wahnsinnig verschärft unter der Pandemie, die der deutschen Studierenden auch. Aber für die Internationalen war es noch mal ganz anders. Und tatsächlich, ich war super nervös vor meiner ersten englischsprachigen Beratung mit so ein bisschen Schulenglisch und so weiter. Aber mittlerweile liebe ich das, switche auch ganz schnell in die andere Sprache. Manchmal ertappe ich mich auch dabei, dass ich Englisch rede, obwohl jemand Deutsches, mir gegenüber sitzt. Aber das war eine große Herausforderung, also die Sprachbarriere zu überbrücken, weil wir dann eben eine Mittlersprache haben und auf der anderen Seite viele Multiplikatoren zu finden, also Leute, die man mit ins Boot holen kann, weil so eine Beratung alleine manchmal nicht ausreichend ist. Das heißt auch, viel Öffentlichkeitsarbeit zu machen, sich mit den Projekten auseinanderzusetzen, neue Dinge zu etablieren und auch Werbung für uns zu machen. Das war tatsächlich auch eine große Herausforderung. Neben dem Ganzen, dass eben ganz klassische Pandemie Symptome, wir haben es liebevoll „Corona-Syndrom" genannt: Heimweh zu haben, sich alleine zu fühlen, überfordert zu sein. Man ist ja nicht nur Studierender, sondern Eventmanager gewesen unter der Pandemie. Man muss ja alles sich selber organisieren und da haben wir sehr, sehr viel gemacht. Also da gab es sehr, sehr viele Herausforderungen. Aber ich habe ein wundervolles Team und wir haben das alles zusammen in Angriff genommen.

Lisa Baaske: Das klingt ja auf jeden Fall schon mal schön. Aber hatten Sie auch das Gefühl, dass es tatsächlich mehr geworden ist? Also, dass sich mehr Leute bei Ihnen gemeldet haben, eben durch die Pandemie? Und, dass sich vielleicht auch die Themen verändert haben, mit denen die Leute zu Ihnen gekommen sind?

Mareen Eisenblätter: Na ja, dadurch, dass wir ja am 1.4. angefangen haben und das war ja gleich Pandemie. Also so ist es schwierig, das zu sagen. Aber ich glaube ja, eben gerade dieses Homesickness und Loneliness, nicht gut ankommen in einer neuen Stadt, in einer neuen Umgebung, war ein großes Thema. Und ja, es hat immer stetig zugenommen, tatsächlich. Aber so explosionsartig ist es bei uns nicht angekommen. Wir können das immer noch wuppen, sozusagen alle Anfragen. Und tatsächlich müssen wir gucken. Also wir sind gerade aktuell bei der statistischen Auswertung kann es Ihnen vielleicht in zwei Wochen, sagen -

Lisa Baaske: Okay. (lacht)

Mareen Eisenblätter: …sogar eine Zahl. Es hat schon immer wieder zugenommen. Aber es gibt bei uns eh immer Schwankungen. So vor Weihnachten war die Hölle los und in der Prüfungszeit, wenn so spezielle Sachen anstehen, dann gibt es immer bei uns so kleine Ausschläge, wo es ein bisschen mehr ist. Und dann gibt es auch Zeiten, wo es ein bisschen ruhiger ist. Aber es hat schon viel damit zu tun mit Studien-..., für die Studierenden, mit Studienorganisation und bei den Dozent*innen auch tatsächlich mit Überforderung. Manchmal, dass von ihnen so viel Veränderung verlangt worden ist, sie auch immer eigentlich für ihre Studierenden da sein wollen, aber manchmal auch nicht wissen wie. Das ist bei uns auch schon angekommen.

Lisa Baaske: Aber was mich tatsächlich immer interessiert hat: Warum ist so vor Weihnachten so eine Peak-Phase für solche Sachen? Also weil das irgendwie Familie und alles mögliche diese Zeit ist und dann den Leuten bewusst wird, dass es irgendwie doch schwieriger ist?

Mareen Eisenblätter: Weil es sich entschleunigt, man fokussiert. Also man sagt immer, es gibt so Aufschwung-Phasen im Jahr und es gibt so, sich fokussieren auf sich selber. Und so ab Ende Oktober, Anfang November neigen wir Menschen alle dazu, uns mehr auf uns selber zu fokussieren und auch dann im Hinblick auf da ist eine Weihnachtspause. Das heißt, ich darf mal durchatmen und dann da ist es ganz normal, dass man Ende Oktober, November, Dezember mehr sich auf sich selber fokussiert und auch anfängt zu bilanzieren, wie ist mein Jahr gelaufen. Wenn man den Aufschwung nutzen möchte, dann ist man so eher im Frühling unterwegs, um den 21.3.

Lisa Baaske: Okay.

Mareen Eisenblätter: Da kann man gut neue Vorhaben umsetzen. (lacht)

Lisa Baaske: Okay, also nicht der erste Januar, sondern der 21.3 quasi, (lacht) sehr spannend. Melden sich denn mehr Mitarbeitende bei Ihnen oder mehr Studierende? Oder hält sich das so ungefähr die Waage?

Mareen Eisenblätter: Wesentlich mehr Studierende. Weil ich glaube, wir müssen noch viel mehr Werbung bei den Mitarbeitenden machen, dass sie zu uns kommen können. Ich glaube, manchmal ist es auch eine Angst, so eine Hürde zu uns zu kommen. Aber wir sind ja mit Absicht beim Studentenwerk. Wir haben ja gar keine Verbindungen in die Uni. Das heißt, keiner kriegt es mit, denn wir unterliegen dem absoluten Datenschutz. Wir nehmen dann auch gerne das Campus Theater, dann sieht auch niemand, dass man zu uns kommt. Oder wir machen Online-Beratung. Aber es nimmt jetzt schon zu, weil die Mund-zu-Mund-Propaganda tatsächlich auch zunimmt und wir immer verstärkt Werbung machen. Aber wir würden uns wünschen, dass sich noch mehr Mitarbeitende bei uns melden.

Lisa Baaske: Warum machen Sie dann den Job besonders gerne? Ich kann mir vorstellen, dass es manchmal vielleicht auch gar nicht so leicht ist.

Mareen Eisenblätter: Weil es super schön ist, wenn man mitkriegt, dass Dinge funktionieren oder, dass Leute..., ich sage immer, dass das für die Studis superschön ist, Leute mit einem Ziel zu begleiten, ihren Traumjob zu erreichen oder eben auch ihren Traumjob auszuleben. Es gibt so Highlights, wenn man da mal eine E-Mail kriegt oder eine Weihnachtspostkarte mit „Danke“ oder ich hatte schon mal eine Abschlussarbeit in der Widmung drin, hab dann ein Foto davon gekriegt und da freut man sich drüber und man sieht ja Erfolge. Das ist natürlich sehr herausfordernd, aber es ist wunderschön dort Menschen helfen zu können und eben mit kurzer Intervention ganz viel zu erreichen und auch Erfolge mit denen zu feiern. Das macht halt auch wahnsinnig viel Spaß. Und wenn man dann mal so einen Anruf kriegt, mit einem „Danke“ oder einer E-Mail „Hey, ich bin jetzt fertig. Ich wollte mich melden“, da freuen wir uns natürlich.

Lisa Baaske: Bemerken Sie denn auch, dass Leute kritisch mit Ihrer Arbeit umgehen? Ich habe es durchaus da erlebt, dass man irgendwie schief angeschaut wird, wenn man sagt, dass man mit seinen Problemen zu einem Psychologen geht.

Mareen Eisenblätter: Ja, manchmal ist es so tatsächlich. Aber wir sagen dann immer: „Wir sind Menschen wie du und ich“. Wir können kein Röntgen, wir können nicht in Köpfe gucken, wir stellen nur Fragen, aber wir machen auch viel Werbung dafür. Weil ernsthaft, wenn ich ein Problem mit meinem Auto habe, dann gehe ich auch in eine Kfz-Werkstatt. Warum sollte ich nicht, wenn ich eventuell ein Coaching brauche und wir sind halt eine Beratungsinstitution und ich sehe das eher wie so ein bisschen Life Coaching und in anderen Gesellschaften ist das Gang und Gebe. Also warum sollte ich mir denn nicht auch einen Coach gönnen? Und ich finde so sollte man es eher sehen und damit manchmal ist es auch so, dass wir dadurch dann, wenn wir jemanden beraten und dem geht es besser damit das komplette Umfeld davon überzeugen, dass wir doch ganz nette Menschen sind und unterstützend an der Seite stehen. Nicht das, was man eigentlich denkt, wie ein Psychologe ist.

Lisa Baaske: Okay (lacht). Sie sind ja ein vierköpfiges Team. Reichen denn Ihre Ressourcen, um alle Anfragen zu bewältigen, momentan?

Mareen Eisenblätter: Aktuell noch. Dass wir es... trotzdem ist es manchmal sogar in den Hochzeiten sehr, sehr knapp. Wir beraten wirklich zu 80% unserer Stundenzahl, jeder von uns. Wir sind Teilzeit-Leute. Das bedeutet, sie haben um die zwischen 10 und 15 Beratungen über eine Stunde in der Woche. Das Pensum liegt... die Latte liegt hoch. Schön wäre natürlich, wenn wir es irgendwann mal noch ausbauen können, aber es ist halt auch immer eine finanzielle Frage.

Lisa Baaske: Was wünschen Sie sich denn bezogen auf Ihre Arbeit für die Zukunft?

Mareen Eisenblätter: Dass noch mehr Leute zu uns finden, dass wir präsenter noch sind. Dass man weiß, wo man hingehen kann. Dass wir noch viele wahnsinnig verrückte Kurse machen können mit ganz lustigen Titeln und uns ausprobieren können. Dass man mehr uns heranträgt, was man wirklich braucht. Also, dass viel mehr auf die Idee kommen, uns zu fragen „Könntet ihr nicht mal das und das machen?“. Dass wir da Rückmeldung kriegen, vielleicht auch eine größere Beratungsinstitution zu werden, müssen wir gucken. Hängt ja auch von der Nachfrage ab. Aber, dass Leute einfach schneller auch zu uns finden und nicht über fünf Ecken, sondern, dass ihnen das von Anfang an präsent ist, dass es uns gibt.

Lisa Baaske: Und zum Schluss, denn wir sind tatsächlich schon bei der letzten Frage: Haben Sie vielleicht einen kleinen Expertentipp? Haben Sie ein Grundrezept für den Umgang mit Stress und Problemen?

Mareen Eisenblätter: Ja, und jeder, der mich kennt, weiß ganz genau, was jetzt die Antwort ist (lacht). Selbstfürsorge und takte deinen Tag nach dem Ampel-Prinzip. Mache jeden Tag entweder morgens oder abends bewusst, wie viel an deinem Tag stressreich war, also rot und hat deine Energie geraubt, war so ein kleiner Energie-Vampir. Was war Gelb hat mir Kraft gegeben, hat mich aber auch angestrengt. Und was war grün? Und wichtig ist jeden Tag etwas Grünes, was mein Akku, außer Essen und Schlafen, voll macht und damit durchs Leben zu gehen. Eben zu schauen, dass es wichtig ist. Wir haben viele Herausforderungen, egal ob wir Studierende, mitarbeitende Leute sind, einfach zu gucken, mehr auf sich zu schauen. Denn wenn dein Akku voll ist, dann kannst du auch für andere da sein.

Lisa Baaske: Verstehe. Bei mir war das dann für meine Ampel heute der Podcast, auf jeden Fall grün, nämlich sehr spannend. Bevor er jetzt aber zu Ende geht, kommt noch unsere Rubrik „Lange Rede, kurzer Sinn.“ Ich gebe Ihnen Satzanfänge vor und Sie vervollständigen diese. Den Satz, den ich am häufigsten höre, wenn ich sage, dass ich Psychologin bin?

Mareen Eisenblätter: Wo ist deine Couch und welche Farbe hat sie?

Lisa Baaske: Psychische Gesundheit ist wichtig, weil?

Mareen Eisenblätter: …es das größte Gut ist, tatsächlich uns auch über eine ganz, ganz lange Zeit gesund hält.

Lisa Baaske: Die Angebote der PSB sollte man nutzen, weil?

Mareen Eisenblätter: …weil wir ein ganz witziges Team sind. Man wird mit uns viel lachen und sich einfach mal einen Coach gönnen kann/könnte.

Lisa Baaske: Okay, damit dann herzlichen Dank, dass Sie heute zu Gast waren. Es war wirklich sehr, sehr spannend und vielen Dank an Sie da draußen vor den Lautsprechern oder an den Kopfhörern fürs Einschalten. Wenn Sie Anregungen, Themenwünsche, Lob oder Kritik haben, immer her damit, an Hören Sie auch gerne im nächsten Monat wieder rein, da sind wir mit einer neuen Folge von unserem Wissenschaftspodcast zurück. Bis dahin bleiben Sie gesund!

Introstimme: In die Uni reingehört - der Podcast zur Arbeitswelt an der OVGU.

Letzte Änderung: 22.01.2024 - Ansprechpartner: Webmaster